Künstler | Small Black | |
Album | Limits Of Desire | |
Label | Jagjaguwar | |
Erscheinungsjahr | 2013 | |
Bewertung |
Wenn man es gerne reißerisch mag, könnte man jetzt schreiben: “Small Black haben das Rocken entdeckt“. Ein paar Indizien für diese These liefert das zweite Album der Jungs aus Brooklyn tatsächlich. Die mittlerweile fest als Quartett agierende Band setzt erstmals echtes Schlagzeug und sogar eine E-Gitarre ein. Außerdem haben sie Limits Of Desire zwar erneut selbst produziert, aber der Sound ist deutlich größer geworden und klingt nicht mehr nach einer Hobbyaufnahme aus dem eigenen Schlafzimmer, wie beispielsweise ihre 2009 erschienene erste EP oder auch das im Jahr darauf veröffentlichte Debütalbum New Chain.
Wer als Fan der ersten Stunde von Josh Hayden Kolenik (Keyboard, Gesang), Ryan Heyner (Gitarre), Juan Pieczanski (Bass) und Jeff Curtin (Schlagzeug) jetzt geschockt sein sollte, wird sicherlich schon innerhalb der ersten Sekunden von Limits Of Desire wieder beruhigt: Free At Dawn eröffnet das Album ebenso angenehm, zurückhaltend und tanzbar, wie man das bei Small Black schätzt.
Auch danach regiert meist diese watteweiche Atmosphäre: Die Stimme von Kolenik ist in Canoe so hoch und angenehm, dass es im Text um einen brutalen Kampf oder ein schockierendes Verbrechen gehen könnte, und das Lied klänge immer noch hübsch. Sophie ist lupenreiner Yachtrock, die Ballade Shook Loves hätte auch ein meisterhafter Schnulzier wie Terence Trent d’Arby sicher gerne in seinem Repertoire gehabt, der Schlusspunkt Outskirts lässt an The Beloved denken.
Gelegentlich sind die etwas muskulöseren und reiferen Elemente von Limits Of Desire aber unverkennbar. Der Titelsong macht deutlich, wie überraschend gut ein New-Order-Bass mit Musik zusammen geht, die eher an Hall & Oates erinnert. In Breathless setzen Small Black auf etwas mehr Tempo und Schwung sowie eine kleine Prise House, in Proper Spirit sind Gesang und Sound erneut so ätherisch, dass man gar nicht merkt, wie flott und energisch der darunterliegende Discobeat ist.
Die Idee von Only A Shadow scheint zu lauten: Tanzen ist gut, solange dabei Make-Up und Frisur nicht zerstört werden, und Schwelgen ist sowieso noch viel besser als Ausflippen – natürlich kann man in dieser Einstellung die Pet Shop Boys wiedererkennen. Auch No Stranger hat ordentlich Eighties-Referenzen: Mit der Zeile “You’re no stranger to me” scheint Kolenik ziemlich eindeutig die Tears For Fears zu meinen. Stattdessen geht es aber, wie immer wieder auf diesem Album, um die Sehnsucht nach Eskapismus und den Versuch, in dieser Welt voller Möglichkeiten eine wirklich enge Bindung zu finden. Passenderweise sorgt die Musik dazu in diesem Song für ein Gefühl von Geborgenheit, wie man es sonst vielleicht allenfalls in der Gebärmutter empfinden kann.
Small Black schaffen es mit Limits Of Desire sehr elegant, neue Aspekte in ihren Sound zu integrieren, ohne den Kern ihrer Anziehungskraft aufs Spiel zu setzen. „Hören Sie drei Minuten lang konzentriert zu!“ – das ist auch auf ihrer zweiten Platte eine fast unlösbare Aufgabe, so sehr verführt das Album zum Träumen und Wegdriften.