Hingehört: Solarrio – „Solarrio“

Künstler Solarrio

Solarrio Rezension Kritik
Solarrio ist das neue Projekt des Mannes, der früher KD Supier war.
EP Solarrio
Label Solarrio/Believe
Erscheinungsjahr 2017
Bewertung

Streicher also. Das ist nicht unbedingt das, was man erwartet hätte von dem Mann, der sich bisher KD Supier nannte und vor allem als Produzent und Kompagnon von Megaloh auf sich aufmerksam machte. Jetzt ist er Solarrio, und seine am kommenden Freitag erscheinende Debüt-EP bietet Elektropop mit internationalem Anspruch und reichlich Eighties-Flair.

Ganz so überraschend ist der Einsatz von Geige und Cello dann aber doch nicht. Schließlich ist KD Supier (früher) und Solarrio (jetzt) niemand anderes als David Barenboim, 1983 in Paris geborener Sohn des Dirigenten Daniel Barenboim. Eine der Geigen, die man auf dieser EP hört, steuert sein Bruder Michael bei, fast alle anderen Instrumente hat Solarrio selbst eingespielt.

Es ist diese Musikalität, die entscheidenden Anteil am Appeal dieser fünf Songs hat. Solarrio weiß eindeutig, wie man ein Studio als Instrument einsetzen kann und wie man einen zeitgemäßen Sound hinbekommt, der in etlichen Momenten beispielsweise an Roosevelt denken lässt. Die Tracks von Solarrio sind nicht so filigran, aber er hat eine ähnliche Denke und ähnliche Methoden. Dass die Stimme des Wahl-Berliners gelegentlich an Johnny Blake von Zoot Woman erinnert, passt natürlich ebenfalls gut zu diesem Stil.

Fast alle Lieder sind genau kalkuliert wie der Auftakt Drops, der es mit dem Vocoder ein wenig übertreibt, aber eine komplexe Komposition bietet. Hopeless versöhnt mit einer guten Melodie für seine übersteigerte Aufdringlichkeit, Head Over Feet wartet mit dem besten Refrain der EP auf und mit einer Leichtfüßigkeit, die entscheidend ist, um in diesem Genre nicht peinlich zu klingen.

Safety Of A Mob beschließt die EP ruhig, mit dezentem Beat und effektvollem Cello. Der andere Song, der auch Instrumente einsetzt, die sonst eher zum Berufsalltag seines Papas gehören, ist deutlich spektakulärer: In Treadmill setzt Solarrio etwas ein, das wie verzerrte Coldplay-Streicher klingt.

Überhaupt ist (in diesem Track und auf dieser EP) kaum ein Ton zu hören, der nicht mit mindestens einem Effekt bearbeitet wäre, und das führt zum Manko von Solarrio: Vieles klingt, auch durch die oft klischeehaften Texte, klinisch und nach Reißbrett. Die fünf Songs funktionieren bestens als Arbeitsprobe für technisches Können, aber nicht so gut als Ausdruck eines Gefühls oder einer Identität. Das kann man hier noch ganz gut verschmerzen; man darf allerdings gespannt sein, ob dieser Effekt auf Album-Länge nicht doch mehr ins Gewicht fallen wird.

Schick, aber etwas orientierungslos ist auch das Video zu Drops.

Website von Solarrio.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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