Künstler | Sportfreunde Stiller | |
Album | Sturm & Stille | |
Label | Universal | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Bewertung |
Die Sportfreunde Stiller sind der Bastian Schweinsteiger der deutschen Musikszene: Aus irgendwelchen Gründen (vielleicht wegen der Herkunft aus München, wo man seine Helden ja besonders gerne dem Rest der Republik aufs Auge drückt) haben alle immer behauptet, sie seien besonders. Man kann dieses Gefühl in Konzerten der Sportfreunde Stiller gut erleben, und manchmal fehlt nicht viel, sich davon mitreißen zu lassen. Man könnte glauben, man habe es hier mit einem ganz besonderen Talent zu tun. Doch wenn all diese Bewunderung der anderen weg ist (bei der Band: die Fans; bei Schweinsteiger: das Umfeld beim FC Bayern), wird plötzlich klar, wie erschreckend limitiert und überbewertet das alles ist.
Bei Bastian Schweinsteiger war mir das immer klar und ich bin froh, dass durch seinen Wechsel zu Manchester United nun endlich bestätigt wird, wie richtig ich lag. Bei den Sportfreunden Stiller hingegen habe ich lange mit mir gerungen. Ich hatte nicht wenige lustige Momente zur Musik dieser Band, ich habe im Interview versucht, ihnen näher zu kommen und habe fast die gesamten 20 Jahre, in denen das Trio mittlerweile besteht, wirklich versucht, mir über das Wesen dieser Band klar zu werden. Sind sie peinlich? Sind sie harmlos? Sind sie großartig, wenn man sie bloß im richtigen Kontext (siehe oben) hört?
Nichts davon trifft zu. Vorgestern ist Sturm & Stille erschienen, ihr siebtes Studioalbum. Und es wird (vielleicht habe ich einfach etwas länger gebraucht, um das zu begreifen) endgültig klar, was von Peter, Flo und Rüde zu halten ist: Die Sportfreunde Stiller sind Mist.
Es gibt schlechte Reime, noch immer kein Verständnis von Metrum und eine Musik, bei der sich immer mehr der Verdacht einschleicht, sie sei wohl vor allem dank der Fähigkeiten der langjährigen Wegbegleiter Oliver Zülich und Dave Anderson, die auch diesmal produziert haben, überhaupt halbwegs annehmbar. Nachzuhören ist das etwa in Tracks wie Brett vorm Herz oder auch dem Auftakt Raus in den Rausch, bei dessen Sound sich eindeutig die Unplugged-Erfahrung ausgewirkt hat, oder aber die Beobachtung, dass Mumford & Sons sehr viele Platten verkaufen.
In Rotweinflaschengrün singt Peter Brugger wie ein untalentierter Achtjähriger, der seine Klassenlehrerin beeindrucken will, und der Text hat ein ähnliches Niveau. Dass Oasis in diesem Lied erwähnt werden, lässt sich wohl leider auch auf juristischem Wege nicht verbieten. Disko4000 ist ein vergeblicher Versuch, modern zu sein. Keith & Lemmy ist auf fast schon tragische Weise typisch für diese Band, denn auf die Frage, wo man sich am besten anbiedert, wenn man den kleinsten gemeinsamen Nenner sucht, hohle Texte hat und musikalisch keinerlei Anspruch, finden sie genau die richtige Antwort: beim Publikum von Rockfestivals, das in diesem Song gepriesen wird.
Dass ihre eigene Plattenfirma den Sportfreunden Stiller einmal die Unterstützung erfahrener Songwriting-Profis angedeihen lassen, damit sie bessere Lieder hinbekommen, ist bezeichnend. „Wir waren in Spanien, haben zusammen am Strand gesessen und überlegt, ob wir uns darauf einlassen sollten“, erinnert sich Flo Weber an diesen Moment. „Aber letztendlich haben wir uns darauf besonnen, dass ‚Wir‘ wir sind. Und dass man uns entweder so nimmt und nehmen muss, wie wir sind, oder es halt bleiben lassen soll.“
Natürlich kann man es lobenswert finden, wenn jemand seine Identität so selbstbewusst verteidigt. Sturm & Stille beweist allerdings, und zwar deutlicher als alle vorangegangenen Werke der Sportfreunde Stiller, wie fragwürdig diese Identität ist. Die Single Das Geschenk ist ein gutes Indiz dafür: Zu Streichern und Discobeat gibt es hier einen Lobpreis des unmittelbaren sozialen Umfelds, also der paar Leute, Orte und Koordinaten, auf die man sich vermeintlich noch verlassen kann. Auch der Titelsong will diese Ursprünglichkeit und echte Werte feiern. Er zeigt allerdings zugleich, was daran tadelnswert ist: Statt bodenständig kommt das Lied spießig und kitschig rüber, zudem ist es todlangweilig und mit Ohoho-Chor und dramatischem Schlagzeug so berechnend und pseudo-kumpelhaft, dass es zum Kotzen ist.
Wie erschreckend klein der Horizont dieser Band ist, macht Sturm & Stille immer wieder deutlich. Das Ärgerliche daran ist, dass sie für dieses Weltbild sogar ein Sendungsbewusstsein haben. Ein sehr kleiner Geist widmet sich in Viel zu schön den ganz großen Fragen des Lebens und findet die denkbar harmloseste Antwort, nämlich: Schön wär’s schon, wenn die Welt irgendwie besser wäre. „Scheiß der Hund drauf / mach auf was du Bock hast“, heißt eine programmatische Zeile in Lumpi (L.U.M.P.I.), die in eine ähnliche Richtung deutet.
Zwischen den Welten ist das Lied, das diese dämliche Einstellung am deutlichsten zeigt. „So weit ich weiß / hängt alles irgendwie zusammen / und ja, und ja, vielleicht / checke ich es irgendwann“, heißt eine zentrale Zeile darin. Implizit steckt in diesem Gedankengang auch die Botschaft: Wenn ich es nicht checke, ist es auch nicht so schlimm, man kann es trotzdem nett haben in diesem Leben. Das ist die Kapitulation des Geists vor dem Gemüt. Solange man sich irgendwie behaglich fühlen kann, muss man nichts verstehen, also auch nicht die Voraussetzung dafür schaffen, Dinge infrage stellen zu können. Im Zweifel wird hier eher die Vergangenheit verklärt als die Zukunft verändert.
Dass das nicht nur für miserable Popsongs sorgt, sondern auch politisch gefährlich ist, ahnen die Sportfreunde Stiller offensichtlich nicht einmal. Ihren fast zwanghaft heiteren Blick auf die Welt begründet Sänger Peter Brugger beispielsweise so: „Pessimismus hat eine reaktionäre Komponente, Pessimismus hat keine Vision, keine Perspektive. Für uns war Pessimismus nie eine Option, weil Optimismus immer unser Motor war/ist.“ Dabei ist das Gegenteil der Fall: Ein Reim wie „Ist alles kein Problem, ist gebongt / Ich nehm’s wie’s kommt“ (aus Ich nehm’s wie’s kommt) bietet gerade die Legitimation dafür, sich nicht anzustrengen, nicht nach einem Ideal für sich selbst und andere zu streben, solange alles immerhin erträglich ist. Gerade das ist nicht nur borniert und dumm, sondern konservativ.
Als „ein bunter Haufen Freaks“, bezeichnen die Sportfreunde Stiller sich selbst und ihre Fans zum Abschluss von Sturm & Stille in Auf Jubel gebaut. Dabei sind sie kreuzbiedere Normalos, die spätestens dann keinen Spaß mehr verstehen, wenn ihre eigene Beschränktheit thematisiert wird. Dass man von dieser Band noch einmal Sturm erwarten darf, ist so gut wie ausgeschlossen. Dass im Reich der Sportfreunde bald Stille herrscht, wäre hingegen unbedingt zu erhoffen.
unglaublich wieviel manche leute schreiben können, über musik. die ist bekanntlich dazu gemacht um leute zu unterhalten.
wenn ich denn inhalt/sinn der ganzen lieder in frage stelle, schon mal ein lied in englisch gehört? und verstanden?
eher nicht. viel mehr zu diesem, ja ich würde sagen …………. kommentar braucht man nicht sagen. und ja auch ich bin einer aus dem haufen der bunten freaks. der erfolg der sportfreunde wird für sich sprechen.
was hörst du für musik? …..vor gebrauch der tastatur ,… gehirn einschalten….
Buhu… der Kritiker kritisiert nicht so, wie ich das will.
Der Satz in dieser Kritik, welcher den Nagel voll auf den Kopf trifft, lautet: Die Sportfreunde Stiller sind Mist.
Das stimmte schon immer.
Aber ich frage mich, warum dieser pubertäre Pups-Pop von Radiosendern wie SWR3, – Eigenwerbung: Ihr besster Rundfunksender – derart gesponsert werden.
Mit infantilen Gewinnspielchen für kostenlose Auftritte, etc.