Künstler | Still Corners | |
Album | Strange Pleasures | |
Label | Sub Pop | |
Erscheinungsjahr | 2013 | |
Bewertung |
Die erste Überraschung an diesem Album ist, dass der Titel noch nicht vergeben war. Strange Pleasures – das hätte man sich sehr schön auch als Longplayer von The Cure, Pulp oder Depeche Mode vorstellen können. Greg Hughes, der aus Austin stammt, nun in London lebt und die treibende Kraft hinter Still Corners ist, hat all dieses Acts nun ein Schnippchen geschlagen und für das zweite Album seines Projekts (nach dem Debüt Creatures Of An Hour aus dem Jahr 2010) diesen wunderbaren Namen gefunden. Gerne erklärt Hughes auch, was es damit auf sich hat: “The strange idea of falling in love; the strange idea of letting the songs go where they wanted to. They’re both tied together, the feeling of letting go and having it all wash over you. I was just doing whatever came out, not getting in the way of the songs at all. I’ve been practicing that my whole life-how to get out of the way of a song. Strange Pleasures is a pop record at heart, with anything that’s ever influenced me coming to the front.”
Die zwölf Lieder bestätigen diese Charakterisierung: Da ist zum einen ein unüberhörbares Element von laissez-faire, vom Fließenden und Spontanen wie in I Can’t Sleep, einem Lied, das wie ein Segelflugzeug aus Seide klingt. Die Stimme von Sängerin Tessa Murray klingt immer wieder himmlisch wie in der Single Fireflies, oder auch einmal ein wenig herb und zugleich ätherisch à la Lana Dely Rey wie ganz am Ende im Titelsong. Zum anderen ist Strange Pleasures geprägt von Pop-Strukturen und -Sounds, vor allem von denen der Eighties. Midnight Drive macht das vielleicht im deutlichsten. „I’m a child of the ’80s“, bekennt Hughes gerne. “But I see it principally as a widescreen pop album, clear, with upfront vocals. It’s a little epic, but not really retro-futuristic. There aren’t a ton of layers this time; everything has its place and is focused. What I hear is variety. Some reviews described Creatures… as ‘scattershot,’ but I need that kind of diversity-it’s a part of me. Tessa’s voice ties it all together beautifully.”
Auch mit diesem Zitat hat Hughes wieder ein zentrales Kriterium bei Still Corners benannt: Schönheit. Strange Pleasures hat keine besondere Spannungskurve zu bieten, auch keine herausragenden Melodien oder fantastischen Arrangements. Es gibt selten vergleichsweise Zupackendes und Konkretes wie Beatcity, den markanten Synthiebass in Berlin Lovers oder die energischen Trommeln in Future Age. Aber dafür ist die Platte vom ersten Ton an formvollendet: Der Opener The Trip klingt nicht wie eine schnöde Reise von A nach B, sondern wie genussvolles Cruisen, bei dem man quasi permanent verträumt aus dem Fenster schaut statt auf die Fahrbahn. So ähnlich wie das todschicke All I Know könnte die Musik klingen, die beim Nachmittagstee im Hause Tom Ford gespielt wird. Und das beinahe akustische Going Back to Strange („That song is about returning to something you’ve rejected in the past but have realized that it’s in fact a part of you“, erklärt Greg Hughes) ist ebenfalls im höchsten Maße elegant. Was die seltsamen Vergnügungen der Still Corners sind, wird auf dieser Platte nicht wirklich verraten, doch dafür ist am Ende von Strange Pleasures eindeutig klar, wo Greg Hughes und Tessa Murray zuhause sein müssen: in einer Welt, die es so schön sonst nur in der Werbung gibt, in einer traumhaften Bacardi-Bucht mit azurblauem Ozean. Oder im Chateau Raffaello.