Künstler | Strand Of Oaks | |
Album | Heal | |
Label | Dead Oceans | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
Vor allem Folksongs bot das bisherige Schaffen von Timothy Showalter alias Strand Of Oaks. Er ging mit seinen Liedern und seiner Gitarre fleißig auf Tour, und dann, im Herbst 2012 wurde ihm klar, dass er in einer Krise steckte. Seine Musik, seine Ehe, sein Aussehen – mit nichts davon war er zufrieden (und das war noch, bevor er ein gutes Jahr später nur mit Glück einen schweren Autounfall überlebte). Seine Reaktion: Er fuhr nach Hause und schrieb 30 Songs in drei Wochen. Es ist dieses Material, das nun den Kern von Heal ausmacht, seinem vierten Album.
„The record is called Heal, but it’s not a soft, gentle healing. It’s like scream therapy, a command, because I ripped out my subconscious, looked through it, and saw the worst parts. And that’s how I got better”, erklärt er den Albumtitel. Neben diesem therapeutischen Ansatz als Novum im Werk von Strand Of Oaks ist die Platte vor allem deutlich vielseitiger als seine bisherigen. Genauer gesagt: Sie klingt so abwechslungsreich, als würde man einen Tag auf einem sehr geschmackvollen Festival verbringen und die unterschiedlichsten Acts auf den verschiedenen Bühnen entdecken.
Der Auftaktsong Goshen ’97 klingt, als sei Alec Ounsworth als Sänger bei Dinosaur Jr. eingestiegen (die Gitarre in diesem Lied spielt tatsächlich J. Mascis). Same Emotions setzt hingegen auf Synthiepop in der Nähe von Hurts. Shut In könnte hervorragend zu Ryan Adams passen. JM, das dem verstorbenen Jason Molina gewidmet ist, hat eine spektakuläre Neil-Young-Gitarrenwand, dazu mit dem Gebrochenen seiner Stimme, einem staubtrockenen Schlagzeug und einer Orgel auch die richtigen weiteren Zutaten für dessen Sound – nicht zuletzt auch die nötige Intensität.
Schon nach ein paar Tracks kann man kaum noch glauben, dass hinter all diesen Liedern derselbe Mann stecken soll, selbst die Stimme erweist sich als höchst wandlungsfähig. Was Heal zusammenhält, ist das Gefühl von Verwirrung, die sich nach Befreiung sehnt und sie oft auch findet. Die Strophe von Woke Up To The Light ist todtraurig, der Refrain ist hymnisch – ein Konzept, das man nicht nur von Coldplay kennt. Der Schlusspunkt Wait For Love setzt auf hingetupfte Klavierakkorde und viel Dramatik, Plymouth vereint einen stoischen Rhythmus mit Piano und Nonchalance. Die Melodie im Mirage Year erinnert an Bruce Springsteens The River, und mit Bekenntnissen wie „I was in love / but it was changing“ könnten Romantik und Fallhöhe kaum größer sein. „My hands are worth more than your blood“, lautet die letzte Zeile, bevor das Lied in einem fast brutal verzweifelten Finale mündet.
Auch For Me deutet das Ausmaß der Krise nicht nur an, die Strand Of Oaks auf Heal thematisieren. Der Beat (Schlagzeuger Steve Clements ist diesmal wieder dabei) ist beinahe Glamrock, aber wenn Showalter am Ende „The sun fell right out of the sky“ singt, dann ist das ein wirklich erschütterndes Bild. Es ist erfreulich, dass er diese Krise überwunden hat, und es ist noch schöner, dass sie ihn zu einer so überzeugenden Platte inspiriert hat. „Es ist traurig, aber es klingt nach einer Feier“, sagt Showalter über Heal und fasst das Album dann perfekt zusammen: „Als ob ich weine und lache und beide Mittelfinger in die Luft recke und das alles zur selben Zeit.”
Strand Of Oaks spielen Shut In live in Chicago.
httpv://www.youtube.com/watch?v=Lq5ENZZqgzs