Künstler | Submotion Orchestra | |
Album | Colour Theory | |
Label | Counter Records | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Bewertung |
Der Rock’N’Roll ist hier zwar nicht gerade zuhause und von außen sieht es aus wie ein in der Sonne geschmolzener Plattenbau, trotzdem ist das Barbican in London eine begehrte Adresse für Konzerte: Auf der Bühne von Europas größtem Kultur- und Konferenzzentrum performten schon Leute wie Damon Albarn, Jarvis Cocker, Wynton Marsalis, Neon Neon und Yo La Tengo, zudem ist das Gebäude die Heimat des London Symphony Orchestras. Auch das Submotion Orchestra gab hier im November ein Gastspiel und füllte den 2000 Menschen fassenden Saal, und zwar zum Abschluss des EFG London Jazz Festivals.
Das zeigt zum einen, wie beliebt und angesehen die Konzerte des 2009 gegründeten Septetts aus Leeds sind, zum anderen aber auch, wie schwer es ist, ihre Musik zu verorten. Sie selbst berufen sich nämlich beispielsweise auf Bonobo und The XX, auch Dubstep ist ein wichtiger Einfluss, die BBC hat den Sound der Band einmal als „electro-cum-nu-soul mishmash“ zusammengefasst. An ein Jazz-Festival als passenden Kontext denkt man bei all dem nicht unmittelbar.
Für das gestern erschienene vierte Album des Submotion Orchestra wäre das Barbican allerdings der perfekt passende Ort. „We wanted to go somewhere radically different“, sagt Produzent Dom Ruckspin. Alles sollte eine Nummer größer werden, der Sound noch mehr Raum bekommen. Eine weitere Neuerung: Sängerin Ruby Wood hat ein Kind bekommen und nimmt sich deshalb auf Colour Theory etwas zurück. Dafür hat die Band diverse Gäste als Sänger verpflichtet. Billy Boothroyd beispielsweise lässt More Than This sehr feinsinnig klingen. Needs (mit Andrew Ashong) wirkt, als habe jemand Crosby, Stills, Nash & Young nach Ibiza geschickt. In Empty Love bekommt Ruby Wood als Verstärkung Ed Thomas (Chase & Status) zur Seite gestellt, zusammen beweisen sie, dass echte Gefühle auch in diesem Genre eine nicht zu unterschätzende Stärke sind.
Andere Tracks von Colour Theory bleiben komplett oder weitgehend instrumental wie Jaffa als Opener, das gut gelaunte Amira oder der nahe am Ambient angesiedelte Album-Schlusspunkt Ao (mit Catching Flies). Wenn Ruby Wood mit von der Partie ist, entstehen wunderbar intime Songs wie Illusions oder Momente wie In Gold, in denen man glauben könnte, Janet Jackson habe wieder Lust, relevant und aktuell zu sein. Auch Red Dress, zugleich sexy und elegant, und Kimono mit seiner klasse Dynamik werden alle begeistern, die schon den Vorgänger Alium geliebt haben.
Der Neuentwurf gelingt dem Submotion Orchestra alles in allem überzeugend, zudem zeigt Colour Theory auch deutlicher als die bisherigen Platten, wo die Band aus Leeds mit ihrer Musik einzuordnen ist: an einem sehr reizvollen Örtchen genau zwischen angenehm und herausfordernd.