Künstler | Sweet Baboo | |
Album | Boombox Ballads | |
Label | Moshi Moshi | |
Erscheinungsjahr | 2015 | |
Bewertung |
Nur Nerds können solche Musik machen, und auch nur solche, die Popmusik mit jeder Faser ihres Körpers leben. Das merkt man sofort bei Tonight You Are A Tiger, dem vorletzten Lied auf dieser Platte. Es ist verspielt, sommerlich und hat tolle Zeilen wie diese: “Oh girl, does that make me dumb / that I want nothing from most and the most from just one?”
Es ist diese rückhaltlose Begeisterungsfähigkeit, die auch das morgen erscheinende fünfte Album von Sweet Baboo (bürgerlich: Stephen Black) prägt. Er besingt hier eine Frau, von der er mit Haut und Haaren verspeist werden möchte. Später bekennt er, ihre Einzelteile am liebsten unters Mikroskop legen zu wollen, um sie wirklich ganz genau kennen zu lernen.
Das mag auf dem Papier ein wenig gespenstisch wirken, verliert aber sofort seinen morbiden Touch, wenn man die Musik dazu hört: Sweet Baboo liefert mit den Boombox Ballads wunderbaren Schönklang. Das herrlich unschuldige I Just Want To Be Good (das Cate Le Bon extra für ihn geschrieben hat) zeigt die zusätzliche Aufmerksamkeit, die der Waliser diesmal auf den Gesang gelegt hat. Die wunderschönen Streicher in Two Lucky Magpies sind eines von vielen hinreißenden Ergebnissen aus der Zusammenarbeit mit Arrangeur Paul Jones. Walking In The Rain klingt sofort wie ein Klassiker, der Titelsong erweist sich als Instrumental mit Reggae-Feeling, der Schlusspunkt Over & Out wird standesgemäß untröstlich.
Und vor allem gibt es auf den Boombox Ballads immer wieder unfassbar romantische Bekenntnisse des überwältigten Verliebtseins. “Let’s make a language, girl / that only us two spoke”, singt Sweet Baboo in You Are Gentle. Auch im zauberhaften Got To Hang Onto You gibt es nur noch die Zweisamkeit, in der man sich gegenseitig seine Lieblingslieder vorspielt. “People say I’m lazy, but they don’t know I’m in love / I don’t need to go out, I’m too old for that stuff”, lauten die passenden Zeilen zu dieser Harmonie-Blase, in die lediglich die Musik eindringen darf, als das Element, das die Zweisamkeit ermöglicht, begleitet und verstärkt.
Inspiriert dazu wurde Sweet Baboo diesmal mehr denn je von den Pop-Großmeistern. Das zeigt schon der trotz seiner opulenten Instrumentierung zerbrechlich wirkende Auftakt Sometimes. “It’s a simple song in two parts. Instrumentally, the verses are kept simple to draw the attention to the voice. Lyrically, the verses rely on the often-used subject of being away from your loved one. The discordant strings are a nod to Van Dyke Parks, and musically the unfinished feel of the production is trying to emulate Smiley Smile and Wild Honey by the Beach Boys“, sagt Sweet Baboo, der alle Instrumente des Tracks außer den Streichern selbst eingespielt hat, und zwar innerhalb eines Tages.
Noch ein Stück ambitionierter ist You Got Me Time Keeping, bei dem sein Gesang sehr gekonnt von Bläsern und der Gaststimme von Tender Prey umgarnt wird. Das beginnt zackig, wird dann meisterhaft eleganter Pop und schließlich rätselhaft und orchestral – eine (mit mehr als sieben Minuten gar nicht so) kleine Suite. Belle And Sebastian sind vielleicht eine der wenigen passenden Referenzen für diesen ziemlich einzigartigen Sound. Zumal die in ihren Liedern auch die wichtigste Eigenschaft mit Sweet Baboo teilen: bedingungslose Hingabe an die Liebste, und auch an die Liebe an sich.