Künstler | Taama | |
Album | Auf alles was bleibt | |
Label | Ida Records | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
Aus Mannheim hat es Taama, bürgerlich: Tamara Unterhuber, 2007 nach Berlin verschlagen. Von Luft und Liebe wollte sie dort leben – so war jedenfalls der Name ihrer Band, für die es aber bloß zu Auftritten im Vorprogramm von Ich+Ich und Silbermond reichte. Jetzt ist die Band beerdigt, Taama ist ein gutes Stück jenseits der 30 angekommen und legt ihr Debütalbum als Solistin vor. Auf alles was bleibt heißt die Platte, auf der unter anderem ihr Bruder Mario mitwirkt, der auch schon bei Von Luft und Liebe dabei war.
Es gibt noch ein paar weitere wichtige Mitstreiter. Viele Lieder hat sie gemeinsam mit Luk Zimmermann komponiert, ehemals Gitarrist bei Lunik, heute der Mann, den Taama als „mein bester Freund“ bezeichnet. Produziert wurde Auf alles was bleibt von Mic Schröder, der auch reichlich Instrumente beisteuert und dem die Eleven Twenty Studios gehören, in dem große Teile des Albums entstanden sind.
Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht dennoch unverkennbar Taama. Das liegt unter anderem an ihren Texten, die sie als eine Art Ventil für die Irrungen und Frustrationen des Alltags nutzt. „Ich wäre unerträglich meinen Freunden gegenüber, oder meiner Familie, wenn ich nicht schreiben würde“, hat sie in einem Interview gesagt. „Meine Texte sind auch meine Launen, jeder Song und dessen Thema war ein Gefühl, dass mich an einem bestimmten Tag besonders beschäftigte. um dieses Thema aus meinem Kopf zu kriegen, oder annähernd das Gefühl zu haben, schreibe ich es in einem Text nieder, vertone es und hake es damit ab. Dann fühl ich mich immer viel besser, und das jeweilige Thema kann mir erstmal, in meinem Alltag nichts mehr anhaben“, umschreibt sie ihre Technik, mittels Schreibblock und Bleistift ein paar Sorgen loszuwerden.
Die Ergebnisse kann man sich so ähnlich vorstellen wie Christina Stürmer oder Stefanie Heinzmann mit 10-15 Jahren zusätzlicher Lebenserfahrung. Wenn Taama Durcheinander ist, fühlt sich das offensichtlich gar nicht so schlimm, sondern sogar beinahe kokett an. Ein Grauer Sonntag bedeutet, dass sie verkatert, verlassen und verzweifelt ist – alles zugleich, begleitet von einem sehr gut arrangierten Song. Auch im schwelgerischen Halt mich fest zeigt sich der hier öfter zu beobachtende Hang, sich als Opfer zu inszenieren, wenn auch als ein stolzes Opfer.
Der Gesang von Taama ist auf dieser Platte oft irritierend gebremst, als würde sie im Sitzen singen, während die Band um sie herum durchaus auch mal ungestüm sein kann. Die Foo Fighters und die Stone Temple Pilots nennt Taama als wichtige Einflüsse, und beispielsweise der Auftakt Wie auch immer lässt diese Sozialisation in härteren Gefilden zumindest erahnen. Der Song ist druckvoll, bietet einen leicht gebrochenen Optimismus und eine putzige Orgel – all das lässt ein wenig an Wir sind Helden klingen. Auch in Nur ein Gefühl drängt sich dieser Vergleich auf, das Lied beschwört die Atmosphäre von Denkmal herauf, ebenso wie die ausgelassene Spaßigkeit von Mia, ohne allerdings eins von beiden wirklich zu erreichen.
Ansonsten bleibt der Sound meist in radiofreundlichen Gefilden, was manchmal durchaus gut geht. So ähnlich wie Heute Nacht könnten die Lieder von Ina Müller klingen, wenn sie mehr musikalische Klasse und zudem eine waidwunde Romantik zu bieten hätten. Komm weiter zeigt, dass die Idee von Lassie Singers mit ersten Falten und grauen Strähnen gar nicht so schrecklich ist. Auch Immer wenn du da bist ist eines der Lieder von Auf alles was bleibt, bei denen das Attribut „grundsolide“ nicht als Beleidigung interpretiert werden muss.
Insgesamt bietet die Platte allerdings ein bisschen zu viele Klischees und vor allem deutlich zu wenig Persönlichkeit. Im Prinzip alles auf dieser Platte ist konventionell, manches ist sogar provinziell, nichts ist individuell – das sind keine guten Zutaten für ein Debütalbum. Was mich retten kann ist Schlager, der Albumschlusspunkt Niemand liebt dich, der als Quasi-Annett-Louisan-Nummer beginnt, wird selbstverständlich in Streichern ersäuft, Kein Wort hat die irritierende Eigenschaft, sowohl im Repertoire von Tokio Hotel als auch auf einem Album von Andrea Berg vorstellbar zu sein.
Das ist unterm Strich zu erwachsen, um mitreißend zu sein, zu zahm für Rock und zu schlecht kalkuliert für den Radiohit, auf den Taama hier ganz offensichtlich schielt.