Hingehört: The Besnard Lakes – „A Coliseum Complex Museum“

Künstler The Besnard Lakes

Cover des Albums A Coliseum Complex Museum Kritik Rezension
Am Besnard Lake fanden die Besnard Lakes wieder ihre Inspiration.
Album A Coliseum Complex Museum
Label Jagjaguwar
Erscheinungsjahr 2016
Bewertung

„This is on the road to nowhere“, heißt die erste Zeile auf dem fünften Album der Besnard Lakes. Natürlich stimmt das nicht. Das Ziel ist bei der Band rund ums Ehepaar Jace Lasek und Olga Goreas aus Montreal auch diesmal wieder eine sehr hörbare Variante von Prog Rock. Tungsten 4: The Refugee, das letzte Lied auf A Coliseum Complex Museum zeigt, was damit gemeint ist: Musikalisches Können wird hier nicht genutzt, um zu protzen, sondern um den Hörer einzuladen auf eine ebenso spannende wie abwechslungsreiche Klangreise.

Apropos: Auch für den Sänger und die Bassistin begann dieses Album mit einer Reise. Jedes Jahr verbringen sie ein paar Tage im Sommer an jenem See in Saskatchewan, der ihrer Band den Namen verliehen hat. Diesmal war die Erholung allerdings etwas schwieriger, denn rundum tobten Waldbrände. „Besnard Lake is usually the place where we get the germination of ideas“, sagt Frontmann Jace Lasek. „We set up a small recording rig in the trailer we have up there. This time there were also helicopters with giant water tanks flying over us while we were fishing on the lake!“

Vielleicht war es die Erkenntnis, wie schnell so ein Idyll bedroht und zerstört werden kann, die dazu führte, dass die Natur auf A Coliseum Complex Museum nicht nur eine Inspirationsquelle war, sondern auch eine wichtige Rolle in den Texten spielt. Es wimmelt auf dieser Platte von Donner, Nachtigall, Pferden und goldene Löwen, auch Mond und Sterne, Schluchten und Regenbögen sind vertreten, ebenso wie The Bray Road Beast, das dem schon erwähnten Auftaktsong den Namen verliehen hat. „For a long time we were trying to keep secret that we love being out in nature. Because it’s kinda cliché“, räumt Lasek ein. „But with this record we decided to stop fighting what we love so much. So the front cover actually has a lake on it, but it’s also got this giant orb shooting light into the water, which is creating a hole that’s opening a portal to the coliseum complex museum. It’s kinda fucked.“

Was das Ehepaar und ihre Mitstreiter Sheenah Ko (Keyboard), Robbie MacArthur (Gitarre), Kevin Laing (Schlagzeug) und Richard White (Gitarre) daraus machen, ist faszinierend: Eine Zeile wie „You are the golden lion“ singt Jace Lasek so, als ob es wirklich eine Huldigung wäre, nicht ein missglücktes Kompliment von einem verstrahlten Hippie, weil das dazugehörige Lied (The Golden Lion) die nötige Größe, Ernsthaftigkeit und sogar Majestät bekommt. In Pressure Of Our Plans ist Olga Goreas am stärksten auch als Sängerin präsent. Necronomicon ist auf reizvolle Weise träge, The Plain Moon klingt im Vergleich dazu geradezu heavy und im Refrain hat man das Gefühl, dass die Besnard Lakes sich gerade so die Fanfaren verkneifen können, die zugegebenermaßen durchaus passen würden.

Dass diese Platte oft nach Prog und fast durchweg entrückt klingt, liegt nicht nur am Albumtitel und der Vorliebe für mystische Gestalten in den Texten, sondern auch am häufigen Einsatz von Chören und Gitarreneffekten. Den größten Anteil daran hat allerdings die Stimme von Jace Lasek, die einen manchmal glauben lässt, er würde die Helium-Vorräte von ganz Kanada alleine aufbrauchen. Nightingale beispielsweise klingt, als würde sich Andy Gibb als neuer Sänger bei den Doors bewerben. Inspiration für den extrem hohen Gesang waren für Lasek allerdings keineswegs die Bee Gees, sondern Prince. „He was the guy who made me realize that it was okay to sing high. Just throw caution to the wind. He’s not concerned about being super macho“, erinnert sich der Sänger, der Prince seitdem die Treue hält. „Once I started getting into punk rock in high school, Prince was still there. He didn’t lose relevancy for me. Prince was still there when I started getting into prog rock, too. We’re just absorbed in music of all sorts.“

Diese Lust auf Vielfalt und die Offenheit für Neues zeichnen A Coliseum Complex Museum aus.

Die Besnard Lakes spielen Golden Lion live in ihrer Heimatstadt.

Website der Besnard Lakes.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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