Künstler*in | The Leisure Society | |
Album | The Fine Art Of Hanging On | |
Label | Full Time Hobby | |
Erscheinungsjahr | 2015 | |
Bewertung |
Man könnte das für einen Scherz halten. „I know this has to be the end“, lautet die letzte Zeile auf diesem Album, danach stoppt The Fine Art Of Hanging On abrupt. Dabei ist es Nick Hemming, dem Frontmann der Leisure Society, ernst damit. Todernst. Während die Band ihr viertes Album in London aufnahm, kämpfte ein guter Freund von ihm gegen den Krebs. Er versuchte, ihm Mut zu machen und schickte ihm die Demos als Symbol für das, was nicht dahinsiecht stirbt, sondern geboren wird und gedeiht. Der Freund starb trotzdem, und das war einer der Momente, die zum Leitthema der Platte führte.
“The Fine Art of Hanging On is a recurrent, linking theme, although this wasn’t an intentional concept album. It’s about clinging to something – be that a relationship, a career, or life itself“, sagt Nick Hemming. Der Sound dazu ist oft betrübt und behutsam wie in You Are What You Take. The Leisure Society machen auch diesmal, am deutlichsten vielleicht in Liedern wie You’ll Never Know When It Breaks, eine Sorte von Adult Pop, der die Hoffnung auf Radio-Airplay längst aufgegeben (oder nie gehabt) hat. Wenn sie vermeintlich zum Tanz einladen (wie in Nothing Like This mit einem Hauch von Easy Listening), dann nicht nachts im Club, sondern nchmittags auf einer Terrasse. Und selbst ein Aufruf zum Kampf wie The Undefeated Ego klingt bei ihnen wie ein Schlaflied, im Walzertakt, mit Besenschlagzeug und innig gesäuseltem Gesang.
Die Stärke von Nick Hemming ist dabei einerseits seine lyrische Qualität. Das Thema von The Fine Art Of Hanging On kann er so beispielsweise beim Blick auf einsame Hütten am Strand von Hastings erkennen. „I noticed several tall black cabins, which inspired the song of the same name. These structures are used by local fisherman for drying their nets. Theirs is a small and shrinking industry, but they have a passion for their trade and keep it going, even though it’s not always financially viable“, berichtet er, und verweist dann auf die Parallelen, die er zu seinem eigenen Handwerk erkennt: „We recorded the album onto analogue tape at Konk studios and mastered it at Abbey Road Studios. We wanted to make the best record we could, so despite the expense we crafted it in this way – not for money, but for the love of making it.” Tall Black Cabins zeigt das mit seinem mondänen Sound beinahe exemplarisch.
Andererseits beweisen The Leisure Society erneut ein außergewöhnliches Gespür für exquisiten Pop. All Is Now ist sechs Minuten lang und behält stets den schicken Gesang, der oft an Badly Drawn Boy denken lässt, und die fast strenge Schönheit des Gitarrenpickings im Zentrum, wird aber keineswegs ereignislos. Der Titelsong beginnt mit seinem altmodischen Heimorgel-Beat etwas weinerlich; im Refrain wirkt er dann aber plötzlich, als habe er Kraft getankt, mit Trompete, Streichern und einem satten Peitschenhieb am Ende. Auch Outside In gerät vergleichweise kraftvoll und bietet einen Refrain mit einem sehr sonnigen Gemüt à la Family Of The Year. I’m A Setting Sun ist ein origineller Rocksong, der lieber mit Finesse glänzt als mit Lautstärke – vor 40 Jahren wäre so etwas vielleicht bei den Wings gelandet.
Und dann ist da, kurz vor dem Ende von The Fine Art Of Hanging On, noch ein echtes Schmuckstück. Man hört Wide Eyes At Villains und denkt sofort: Das sind die Beatles. Und dann staunt man Sekunde um Sekunde ein bisschen mehr, wie quietschlebendig deren Sound hier tatsächlich aufersteht. Der Gitarreneffekt, der Schlagzeugsound, die Melodieführung, die orchestrale Grandezza am Ende – alles passt und ist so gut, dass es sicher auch Sir Paul ein anerkennendes Thumbs Up entlocken dürfte. Er wäre in guter Gesellschaft: Guy Garvey (Elbow), Ray Davies, Brian Eno und Richard Thompson sind schon Fans.