Künstler | The Moonlandingz | |
Album | Interplanetary Class Classics | |
Label | Transgressive Records | |
Erscheinungsjahr | 2017 | |
Bewertung |
Vor zwei Jahren veröffentlichte das Eccentronic Research Council sein Konzeptalbum Johnny Rocket, Narcissist And Music Machine… I’m Your Biggest Fan. Darauf gab es, in einer ausgedachten Stadt, eine imaginäre Band namens The Moonlandingz. Aus den fiktionalen Musikern ist nun eine Gruppe aus Fleisch und Blut geworden.
Adrian Flanagan und Dean Honer (beide beim Eccentronic Research Council) sowie Lias Saoudi und Saul Adamczewski (beide bei Fat White Family, Ersterer hatte auf dem besagten Konzeptalbum schon die Rolle von Frontmann Johnny Rocket inne) spielten erst ein paar Konzerte (als “magnificent, cosmic and batshit!” wurden die etwa von The Quietus gefeiert), seit gestern gibt es mit Interplanetary Class Classics auch ein erstes Album. Die Lobeshymnen sind auch diesmal groß, zumindest aus dem Mund des eigenen Frontmanns: Johnny Rocket alias Lias Saoudi verspricht “the album of the epoch, a derogatory slap in the face of good taste and decency, an album synthesised out of pure irresponsibility and sheer self-adoration.”
Wer jetzt vermutet, auf den Interplanetary Class Classics sei eine Riege an ausgewiesenen Spinnern am Werk, wird sich durch die Vorbilder bestätigt finden, an denen sich The Moonlandingz orientieren: Devo, The Monks, Nick Cave. Auch die Gaststars des Albums passen ins Bild. Dazu gehören Phil Oakey (The Human League), Rebecca Taylor (Slow Club), Yoko Ono und Randy Jones, der Cowboy von den Village People. Aufgenommen wurde die Platte mit Sean Lennon in dessen Studio in New York. “I’m proud that I managed to pull together such a disparate, lunatic bunch of total one-offs and make a really ace album with them, and that no one died!“, meint Adrian Flanagan angesichts dieses illustren Personals.
Schon die Vorab-Single Black Hanz verdeutlicht, was hier das Grundprinzip ist: Wahnsinn in Stimme und Sound. Neuf De Pape dürfte die Flaming Lips ziemlich neidisch machen. So wie das sehr schmissige und sogar tanzbare The Rabies Are Back könnten die B-52’s klingen, wenn sie nicht bevorzugt über Aliens singen würden, sondern über Infektionskrankheiten.
Die erwartungsgemäß unkonventionelle Arbeitsweise bei den Moonlandingz begünstigt solche Songs, wie Adrian Flanagan ausführt: “Dean and I come up with a large proportion of the music, then Lias and I work on vocals. We’d either write together or we’d dig around in Lias’s sports bag full of ideas for lyrics and then build on that. (…) Once we got a bunch of songs down we’d get Saul up for a day or two here and there to lay down some bits of guitar, some Peckham damage. We then took it to Sean’s studio in upstate NYC where we amped everything up and added live drums with Ross Orton and bass from Mairead O’Connor, and all kinds of cool instruments.”
Wie ausgetüftelt die Ergebnisse sein können, die mit dieser Methode entstehen, zeigt etwa Lufthanza Man: Das gemahnt an New Order, ist packend, treibend und durch die Streicher sogar elegant. Sweet Saturn Mine setzt auf einen zackigen Beat, eine Orgel und Call-and-response, trotzdem ist das, vor allem im Gesang, viel zu widerspenstig, um als eingängig durchgehen zu können. Vessels wird sogar dreckig, fies und gewaltig, „I need a vessel back home“, singt Lias Saoudi – dieses Schiff sollte besser ein Eisbrecher sein, wenn dieser Wunsch wahr werden soll.
“It’s a celebration of the outsider, the depressed, the sexually inept, the disenfranchised, the politically unengaged or undecided, the bullied, the lonely, those people at point break”, fasst Adrian Flanagan die Idee von Interplanetary Class Classics zusammen. „And we really do seem to be reaching those very people who are looking for that voice in the dark, for that wonky discotheque that will relight the fire in their soul.“
Sie könnten beispielsweise zu I.D.S. tanzen, denn was sich in den darin besungenen „4000 years ago“ ereignet hat, könnte eine recht turbulente Steinzeit-Party gewesen sein. Glory Hole (der Track mit Randy Jones) klingt, als würden sich die Donkosaken an Glam-Rock-Ästhetik versuchen. Rebecca Taylor verdelt mit ihrer Stimme The Strangle Of Anna, das mit seinem getragenen und reizvollen Shuffle-Beat auch gut zu The Velvet Underground gepasst hätte.
Und dann ist da ja noch der Gastauftritt von Yoko Ono. “She’s a little ball of awesomeness, the original outsider, activist, the queen of the avant-garde. There’s just no one like her and the vocal she laid down for us was totally incredible”, schwärmt Adrian Flanagan über die Zusammenarbeit mit der 82-Jährigen. Der dazugehörigen Song The Cities Undone ist tatsächlich ein Highlight und prototypisch für die Idee der Moonlandingz: glamourös, wild, chaotisch und durchgeknallt.