Künstler | The Thermals | |
Album | Desperate Ground | |
Label | Saddle Creek | |
Erscheinungsjahr | 2013 | |
Bewertung |
Wie viele Akkorde braucht man, um das System zu stürzen? Drei sind vielleicht schon einer zu viel, finden The Thermals schon seit ihrer Gründung 2002. Auch Desperate Ground, ihr sechstes Album, ist eine Platte voller Feuer, Punch und Energie. Zehn Lieder in nicht einmal 27 Minuten, ein sagenhaft schnörkelloser Punkrocksturm.
Apropos Sturm: Das Trio hat die Platte gemeinsam mit Produzent von John Agnello (Dinosaur Jr, Sonic Youth) gerade rechtzeitig fertig bekommen, bevor Hurrikan „Sandy“ über New Jersey hinwegfegte und auch das Studio der Thermals geräumt werden musste. Das ist eine durchaus passende Konstellation, denn Desperate Ground lacht über weite Strecken dem Schicksal ins Gesicht. Es ist ein durch und durch düsteres Album, und sein wichtigstes Thema ist die Gewalt.
„I was born to kill“, singt Hutch Harris gleich in der ersten Zeile des Albums. In diese Richtung geht es dann weiter „We will fight to the end“ (You Will Be Free), „I am never afraid“ (The Sunset), “the urge to fight” (The Howl Of The Winds) – überall fließt Blut, stets herrscht ein erbarmungsloser Überlebenskampf.
Wenn Harris von The Sword By My Side singt, dann stellt er klar, dass dieses Schwert das Letzte sein wird, was seine Feinde in ihrem Leben zu sehen bekommen. Und auch ein scheinbar romantischer Songtitel wie Faces Stay With Me deutet keineswegs auf verflossene Liebschaften oder nostalgisch vermisste Jugendfreunde hin. Die Gesichter, die ihn hier verfolgen, sind die Gesichter der Menschen, die er getötet hat. Nur Our Love Survives wird dann wirklich ein Liebeslied, aber das Überleben der Liebe ist hier kein Triumph oder gar Hoffnungsschimmer, sondern ein statistischer Zufall.
Diese Thematik passt zur ultimativen Entschlossenheit von Desperate Ground (You Will Find Me oder Where I Stand sind derart kraftvoll, dass man förmlich hört, wie viele Saiten und Felle während der Aufnahmen wohl dran glauben mussten). Freiheit, Gemeinschaft und Mut sind die Werte, für die hier eingetreten wird, und das ergibt eine herrliche Projektionsfläche für ein herausgegröltes Bekenntnis. Bei jedem Lied sieht man förmlich einen Saal voller Männer (wirklich: nur Männer) vor sich, außer Rand und Band, bereit zum Äußersten und zu unbedingter Gefolgschaft. Die durchaus filigranen Melodien der Thermals sorgen derweil dafür, dass diese Attitüde niemals dumpf wird.
Das Ergebnis ist eine wunderbar sture Platte, die vor allem davon lebt, dass sich The Thermals keine Illusionen machen: Der Mensch ist böse, durchtrieben und gewalttätig – und er kommt damit durch.
Erstaunlicherweise gehen bei dieser Performance von Where I Stand keine Saiten kaputt:
httpv://www.youtube.com/watch?v=B_Szeb21jDM