Künstler | The Wave Pictures | |
Album | Great Big Flamingo Burning Moon | |
Label | Moshi Moshi | |
Erscheinungsjahr | 2015 | |
Bewertung |
Wenn man eine so uralte Musik spielt wie bluesgetränkten Garagenrock, dann hat man eigentlich nur drei Möglichkeiten, das Ergebnis einigermaßen interessant klingen zu lassen. 1.) Man spielt mit so viel Leidenschaft und Überzeugung, dass jedem Hörer sofort klar wird: „Wow, das ist für diese Jungs echt eine Herzensangelegenheit.“ 2.) Man spielt mit so viel Können, dass man selbst der ausgenudeltsten Akkordfolge noch so etwas wie Inspiration einhauchen kann. 3.) Man packt das, was die Musik in punkto Originalität nicht bieten kann, in atemberaubend gute Texte.
The Wave Pictures entscheiden sich auch auf Great Big Flamingo Burning Moon für Variante 1. Und Variante 2. Und Variante 3. Fast alles auf ihrem vierzehnten Album seit der Bandgründung 1998 klingt, als sei es spätestens 1971 entstanden, sei einem klassischen Werk von Creedence Clearwater Revival entsprungen oder entstamme der Karrierephase der Rolling Stones, als sie ihr Südstaaten-Helden nicht mehr nur aus der Ferne verehrt, sondern persönlich getroffen hatten.
Apropos Helden: Produziert wurde die Platte von Billy Childish, einem der großen Vorbilder des englischen Trios. “We first met Billy in his painting studio in Chatham. It’s daunting to meet your heroes, but he was great – just chatting away in his overalls and beret. Everything from that point on seemed so easy and so exciting. Billy is inspired. He knows exactly what he’s doing”, sagt Frontmann Dave Tattersall über die Zusammenarbeit. Noch nie habe die Band so viel Spaß beim Aufnehmen einer Platte gehabt. Childish hat das Miteinander offensichtlich ebenfalls genossen, denn er hat auch einige Lieder mit komponiert, spielt beispielsweise beim Titelsong auf der Gitarre mit und hat das gesamte (größtenteils aus den 1960er Jahren stammende) Equipment für das Album zur Verfügung gestellt.
We Fall Asleep In The Blue Tent kurz vor Schluss des Albums lässt das gut erkennen und ist zugleich einer der Höhepunkte. Das Riff ist prototypisch, die Coolness kaum zu überbieten, die Reime am Ende gut genug, um beim Poetry Slam beeindrucken zu können (erst recht natürlich, wenn sie unterstützt werden von so einem Sound, den die Wave Pictures übrigens ohne die Unterstützung irgendwelcher Keyboards, Gitarreneffekte oder gar Computer fabrizieren.)
Katie lebt vom herrlich stoischen Bass von Franic Rozycki, bei All The Birds Lined Up Dot Dot Dot lassen The Kinks grüßen. Frogs Sing Loudly In The Ditches wird psychedelisch, Sinister Purpose hat einen herrlichen Twang. Fake Fox Fur Pillowcase ist einer von etlichen Songs mit mächtigen Sprachbildern, die man so schnell nicht mehr aus dem Kopf kriegt: „There’s a river of jelly where my spine should be“, singt Tattersall.
Am Beginn steht Great Big Flamingo Burning Moon mit Call and response-Gesang und dem wilden Schlagzeug von Jonny Helm. Das folgende I Could Hear The Telephone (3 Floors Above Me) hat gefühlte 15 Gitarrensoli und wird von Tattersall als so etwas wie die Essenz der Band betrachtet. Das Lied biete “the Wave Pictures in a nutshell: The Modern Lovers with Rory Gallagher on lead guitar”, behauptet er. Und Great Big Flamingo Burning Moon klingt tatsächlich so gut, wie es diese Fantasie-Kombination verspricht.