Künstler | The Wooden Sky | |
Album | Let’s Be Ready | |
Label | Nevado Music | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
Banaler könnte das Foto kaum aussehen, das zum Cover für das vierte Album von The Wooden Sky geworden ist. Fünf Männer und ein Hund stehen da vor einem Imbiss in Toronto herum. Kaffee, Frühstück, Sandwiches, warmes Essen und mehr gibt es bei „Tina Coffee“ in der Dundas Street, aber der Laden hat offensichtlich noch nicht geöffnet.
Trotzdem ist es ein sehr passendes Motiv. Denn die Szene beschreibt die wenig glamourösen Seiten im Leben einer Band, und genau diese Momente waren es, die The Wooden Sky ins Grübeln gebracht hatten, ob sie die Sache mit der Musik wirklich durchziehen sollten. „It felt, to me, like a do or die moment. We’d spent so much time on the road, and we came to a fork in the road where we had to chose whether to go on or just stop”, sagt Frontmann Gavin Gardiner über die Zeit vor den Aufnahmen zu Let’s Be Ready. Wie wir heute wissen, ist das Pendel in Richtung “go on” ausgeschlagen, und für das kanadische Quintett war es eine sehr lohnende Entscheidung: Let’s Be Ready wurde reichlich gelobt, die Huffington Post hat das Werk gar zur viertbesten kanadischen Platte des Jahres 2014 gekürt.
Nun gibt es das Album auch in Deutschland, und der erste Eindruck überrascht angesichts dieses Hintergrunds: Nichts klingt nach absoluter Entschlossenheit, im Gegenteil. Das hervorstechendste Merkmal von Let’s Be Ready ist die Tatsache, wie wohl sich diese Songs im Unspektakulären fühlen. Schon im ersten Track Saturday Night klingt Gavin Gardiner wie ein Mann, der die Leidenschaft durchaus kennt (sogar sehr gut), der aber mittlerweile längst darüber hinweg ist, sich zu derart intensiven Gefühlen noch hinreißen zu lassen.
Auch das folgende Our Hearts Were Young hat die Gelassenheit als Grundprinzip. Das zu einem gemütlichen Shuffle-Beat vorgetragene „Come on, come on“ ist darin eindeutig eher ein unverbindliches Angebot als eine Aufforderung. Baby, Hold On verströmt eine schöne Spätsommer-Atmosphäre. Maybe It’s No Secret könnte ein verlorener Neil-Young-Track aus den frühen 1990ern sein.
The Gaslight Anthem oder Bruce Springsteen sind weitere nützliche Bezugspunkte. Der Album-Schlusspunkt Don’t You Worry About A Thing ist Americana wie es im Buche steht, von dem leicht nasalen Gesang über die Call-and-Response-Passage bis hin zu etwas, das im Hintergrund des zweiten Refrains versteckt ist und verdammt nach einer Mundharmonika klingt.
Dass Gavin Gardiner, Andrew Kekewich und Simon Walker, die bei den Aufnahmen von den mittlerweile als feste Bandmitglieder geltenden Edwin Huizinga (Geige) und Andrew Wyatt (Bass) unterstützt wurden, das Material für diese Platte eifrig in Konzerten getestet haben, hört man den Liedern an: Der Sound ist sehr rund und abgesehen von ein paar hübschen Gitarrensoli, für die sich The Wooden Sky immer wieder die Zeit nehmen, ist kaum ein überflüssiger Schnörkel an diesen Liedern zu finden. „It’s either sink or swim when you play live. You quickly learn which parts work and which parts don’t. You learn how to convey your ideas in a way that the audience responds to”, umschreibt Gardiner diese Erfahrung, die er für Let’s Be Ready auch ins Studio übertragen wollte. “We really embraced the rawness of that live experience. It was fun to make something that was a bit more ragged.”
Kansas City merkt man das besonders deutlich an, es hat vor allem zu Beginn den robusten Charakter eines Folk- oder Protestsongs. Auch When The Day Is Fresh And The Light Is New, das beste Lied der Platte, zeugt davon. Es klingt, als sei der gesamte Bestand von Blue-Rose-Platten in einen Jungbrunnen gefallen. Ohne es zu sehr herauszustellen, ist da ganz viel Zug drin – und dieses Prinzip der gelegentlichen Eruption inmitten von Zurückhaltung prägt das gesamte Album. Schließlich schaffen es The Wooden Sky mit dem Titelsong auch noch, für eine überraschende Erkenntnis zu sorgen: Chuck Berrys Brown Eyed Handsome Man klingt auch als Akustikballade (die sich als Eigenkomposition ausgibt) erschreckend gut.
Für Folkrock-Freunde ist da sehr viel Schönes dabei. Das Problem von Let’s Ready ist allerdings: Es bietet wenig, was auch über diese Zielgruppe hinaus große Begeisterung auslösen könnte.