Künstler | Tom Vek |
Album | Luck |
Label | Moshi Moshi |
Erscheinungsjahr | 2014 |
Bewertung |
In gewisser Weise kann Pushing Your Luck, der vierte Song auf diesem Album, als Titelsong von Luck gelten. Nicht nur wegen der Ähnlichkeit des Titels, sondern auch weil Tom Vek, der hiermit seinen dritten Longplayer vorlegt, das Lied als so etwas wie „einen offenen Brief an das Internetzeitalter“ bezeichnet. „You’re skating on thin ice / with a heavy heart“, beginnt der Song und seziert auch danach das Zusammenspiel von Selbstinszenierung und Orientierungslosigkeit. Die Musik klingt dazu, als würde irgendeine Tonspur permanent den anderen ein gutes Stück hinterher hinken.
Als Herzstück von Luck kann man diesen Track auch deshalb betrachten, weil die Musik von Tom Vek nach mittlerweile zehn Jahren als Soundtüftler-Autodidakt durchaus den Mechanismen des Internets entspricht: Tom Vek hat auf Luck immer wieder interessante Fundstücke zu bieten, die dann vielfach reproduziert werden. Eine Textzeile kann bei ihm so funktionieren wie ein putziges Youtube-Video: Er wird darauf aufmerksam, er baut sie irgendwo ein und dann taucht sie ganz oft auf. Mit jeder Situation, in der sie auftaucht, wird sie durch den neuen Kontext ein bisschen anders beleuchtet, durch die Omnipräsenz gewinnt sie schließlich eine ungeahnte Bedeutung.
“It’s a mistake / that you want to make” ist in Mistake so eine Zeile, “Let’s pray to all of the Gods” im Rausschmeißer Let’s Pray ebenfalls. In der Single Sherman (Animals In The Jungle) wiederholt er die Erkenntnis “We’re just animals in the jungle, Sherman” so oft, dass man glauben muss, dieser Sherman – eine der Hauptfiguren im Tom-Wolfe-Roman Fegefeuer der Eitelkeiten, der das Lied inspiriert hat – sei auf jeden Fall schwer von Begriff. Der Song ist einer der zahlreichen Belege auf Luck für die Tatsache, wie schlau und hintergründig Tom Vek mittlerweile seinen „garage rock for the pro-tools generation“ (Selbstbeschreibung) betreibt.
Auch How Am I Meant To Know gleich zu Beginn bestätigt das: Ein geheimnisvolles Stimm-Sample prägt die ersten Sekunden, der Beat kommt aus dem Hinterhalt, aber der Track bleibt ein Rätsel. You’ll Say, das beste Lied der Platte, ist verspielt, intelligent und eingängig. “If you say you didn’t do it / I’ll believe you that you didn’t do it / but if I find you with two hands on it / I’ll come down at you like a ton of bricks”, singt der Londoner in Ton Of Bricks – genau dieses Spannungsverhältnis zwischen Vertrauen und bitterböser Rache, falls das Vertrauen gebrochen werden sollte, verkörpert auch die Musik.
Broke beweist, dass Tom Vek nicht nur hinsichtlich prägnanter Textzeilen um die Kraft der Wiederholung weiß. Der Track ist repetitiv und fies – Blur zur Zeit von 13 hätten das geliebt. Der vielleicht besonderste Moment dieser Platte ist Trying To Do Better. Tom Vek, dessen Gesang ja normalerweise klingt, als sei er gerade erst aufgestanden (und auch das nur sehr ungern) und genau daraus einen großen Teil seines Charmes bezieht, fordert hier seine Stimme heraus. Mehr noch: Er überfordert sie – und er genießt es. In diesen Gesang steckt er all die Emotionen, die seiner ausgeklügelten Musik auf den ersten Blick zu fehlen scheint. Und die gerne denkbar plakativen und offensichtlichen Wörter, die er singt, bilden einen wunderbaren Kontrast zu all dem vertrackten Zeugs, das sich in der Musik abspielt.
In der blauen Kiste stecken wahrscheinlich die Dschungeltiere: Tom Vek spielt Sherman live.
httpv://www.youtube.com/watch?v=NZqTNsqgRhw