Künstler | Tycho | |
Album | Epoch | |
Label | Ghostly International | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Bewertung |
Zwei große Überraschungen hält Epoch bereit, das vierte Album von Tycho. Erstens: Obwohl das neuste Werk des Mannes aus San Francisco, der eigentlich Scott Hansen heißt, in den USA schon im September erschienen ist, kommt es bei uns erst übermorgen raus. Zweitens: Epoch ist auf der Liste für den Grammy 2017 als „Best Dance/Electronic Album”.
Diese Nominierung, am 6. Dezember bekanntgegeben, war wohl ausschlaggebend dafür, dass die Platte überhaupt in Deutschland auf den Markt kommt. Aber über das Genre „Dance/Electronic“ kann man sich durchaus wundern. Denn obwohl Tycho sich vor allem mit Ambient-Sounds, aber auch als Remixer etwa für Death Cab For Cutie, Little Dragon oder Spoon hervorgetan hat, ist er hier ziemlich oft ziemlich nahe am Rock.
Slack beispielsweise setzt auf einen schweren Beat, bedeutungsvolle Synthie-Flächen und einen sehr effektvollen Bass und bewegt sich damit am Ende deutlich Richtung Prog Rock. Die Single Division macht deutlich, wie Radiohead klingen könnten, wenn sie endlich Thom Yorke feuern würden. In Horizon beschnuppern sich Gitarre und Synthie auf eine Weise, die ahnen lässt: Dieser Horizont enthält eindeutig einen Sonnenuntergang. Auch in Field, ganz am Ende des Albums, dominiert die E-Gitarre.
Wenig überraschend ist hingegen, dass Kritiker („The final installment of the trilogy that Hansen began back in 2011 fully underlines his strength, deftness and creative dexterity as a producer”, hat beispielsweise Allmusic über Epoch geschrieben) und die Grammy-Jury diesen Sound lieben: Wenn Songs ein Diplom haben müssten, bevor sie erscheinen dürfen, würden sie so klingen wie Rings oder etliche andere der 11 Tracks auf diesem durchweg instrumentalen Album.
Der Auftaktsong Glider zeigt seine Meisterschaft durch komplexes Schlagzeug und träumerische Keyboards, in Source glänzt die Gitarre gerade dadurch, dass sie so zurückgenommen ist. Für die nötige Dynamik sorgt beispielsweise der Titelsong, der sommerlich, unbeschwert und dabei sehr dezent daher kommt, oder Local, einer der wenigen plakativen Momente dieses Albums.
Herausragend ist das nur, wenn man wenig Wert auf Entertainment legt und stattdessen Lust hat, wirklich intensiv in Sounddetails und Produktionskunst einzutauchen. Dann entdeckt man freilich, dass die Grammy-Jury mit der Wahl ihrer Kategorie doch nicht ganz daneben lag: Epoch ist elektronische Musik, die oft nicht elektronisch klingt.