Künstler | Underground Lovers |
Album | Weekend |
Label | Rubber Music |
Erscheinungsjahr | 2013 |
Bewertung |
1996 haben die Underground Lovers beim Homebake-Festival gespielt, 1998 auch. Und dann wieder im Jahr 2009 mit einer kleinen Besonderheit: „Original Line-Up“ war auf den Plakaten für das Festival in Sydney hinter den Bandnamen gesetzt. Denn die Gruppe aus Melbourne um Sänger Vincent M. Giarrusso und Gitarrist Glenn Bennie hatte sich eigentlich bereits zur Ruhe gesetzt. Die Neunziger waren ihr Jahrzehnt gewesen, und die Show beim Homebake sollte eine einmalige Erinnerung daran sein.
Irgendetwas muss dann während dieses Konzerts passiert sein. Giarrusso, Bennie und die weiteren Mitglieder Maurice Argiro, Philippa Nihill, Richard Andrew und Emma Bortignon waren jedenfalls überzeugt: Da geht noch was. Die Geschichte der Underground Lovers ist noch nicht zu Ende erzählt.
Deshalb gibt es jetzt Weekend, ihr siebtes Album, das erste mit neuem Material seit 1999 und laut Giarrusso inspiriert von Jean-Luc Godards gleichnamigem Film. Es ist eine ziemlich überzeugende Bestätigung der Vermutung, dass in dieser Band noch genug Leben für einen neuen Karriereabschnitt steckt.
100 Sekunden lang kommt der Opener Spaces ohne einen Beat aus, und nur wenig länger dauert es, bis man den Eindruck hat, dass hier Saint Etienne auf Blur der Modern Life Is Rubbish-Phase treffen. „You left me dreaming of another place“, heißt eine Zeile, und man kann das wohl gerne auf das Unerfüllte beziehen, das die Underground Lovers in ihrer eigenen Bandgeschichte ausgemacht haben.
Can For Now setzt auf eine satte E-Gitarre, wird im gleichen Maße druckvoll wie spacig (Supergrass lassen grüßen), Haunted (Acedia) bewegt sich eher in Richtung Shoegaze und scheint mit seiner verträumten Melodie die Lightning Seeds mit The Cure vermählen zu wollen. Das sehr frische Signs Of Weakness hat einen Beat, zu dem man vor 20 Jahren „baggy“ gesagt hätte (heute meinen Bands, es sei cooler, wenn man so etwas „Krautrock“ nennt), St Germaine wird wunderbar positiv, die Single Au Pair sogar ein aggressiver, fiebriger Rocker.
Riding ist mit nervösem Computerbeat und cleverer Gitarre ein sehr guter Beleg für die Fähigkeit der Underground Lovers, originelle Popsongs mit vielen überraschenden Akkorden und Harmonien zu schreiben. Der Rausschmeißer The Life That Sets You Free macht es mit seinem rauschhaften Mantra schnell einleuchtend, dass die Australier unlängst im Vorprogramm von Primal Scream gespielt haben. Und mit der gelegentlich eingesetzten Stimme von Philippa Nihill hat das Sextett noch eine echte Geheimwaffe: Im weitgehend akustischen Dream To Me haucht sie ein höchst elegantes „You’re a dream to me“. Noch besser wird In Silhouette, in dem sie immer wieder ankündigt: „I’m gonna tear your heart out“. Es klingt fast, als müsse es sich gut anfühlen, wenn sie diese Drohung wahr machte, für das Opfer in jedem Fall angenehmer als für die Täterin.
Insgesamt ist Weekend ein sehr souveränes Comeback ohne einen Hauch von Peinlichkeit und eine sehr elaborierte Liebeserklärung an die Neunziger. Manchmal ist es mit einem Jahrzehnt eben wie mit einem Wochenende: Es ist viel zu schnell vorbei.
Das Video zu Au Pair setzt nicht auf die Nineties, sondern auf Godard:
httpv://www.youtube.com/watch?v=r1shnAtJak4