Künstler | William Fitzsimmons | |
Album | Pittsburgh | |
Label | Grönland | |
Erscheinungsjahr | 2015 | |
Bewertung |
In die Wikipedia-Liste der 200 berühmtesten Musiker, die aus Pittsburgh kommen, hat es William Fitzsimmons schon geschafft (gemeinsam mit Leuten wie Christina Aguilera, Dean Martin oder Wayne Coyne) – zumindest in der englischen Wikipedia. In der deutschen Version wird er bei den namhaften Söhnen und Töchtern der Steel City allerdings noch nicht geführt.
Obwohl er mittlerweile in Illinois lebt, hat er seiner Heimatstadt nun ein Album gewidmet, und zwar aus traurigem Anlass: Als seine Großmutter starb, kam er zur Beerdigung wieder nach Hause, blieb drei Tage lang und stellte fest, wie sehr ihn Pittsburgh geprägt hat, ebenso wie seine Oma: „Ich wollte einfach etwas tun, um jedem, der es hören will, zu erzählen, was für eine faszinierende Frau meine Oma war und wie wichtig diese Stadt für unser beider Leben war.“
Es wird hoffentlich viele Menschen geben, die es hören wollen, denn Pittsburgh ist traumhaft schön, vom ersten bis zum letzten Moment. Am Beginn steht I Had To Carry Her (Virginias Song), und die Stimme von William Fitzsimmons fühlt sich gleich wieder so sanft, wohlig und vertraut an wie eine Kuscheldecke, die man an den ersten kalten Herbsttagen wieder aus dem Schrank holt. Der Schlusspunkt Ghosts Of Penn Hills hat eine dieser Zeilen („Everyone that I loved has been left behind“), die wie gemacht sind für die grandiose Einfühlsamkeit des Bärtigen.
Fast alles auf seinem siebten Album hat er selbst eingespielt, zudem hat er Pittsburgh auch selbst produziert und abgemischt. „Manchmal braucht es die Perspektive eines Außenstehenden, und manchmal muss man alleine sein, die Tür abschließen und es selbst in den Griff kriegen – diese Lieder brauchten Letzteres“, beründet er diese Arbeitsweise. Wie zutreffend diese Einschätzung ist, zeigt unter anderem Falling On My Sword, das äußerst geschmackvoll arrangiert ist und eines von mehreren Beispielen für die traumwandlerische Sicherheit, mit der William Fitzsimmons eine enorme Intensität heraufzubeschwören imstande ist.
Bei zwei Liedern sind – höchst überraschend – auch ein Drumcomputer und dezente Auto-Tune-Effekte zu hören. Beide Male schafft er es dank seiner Stimme und Sensibilität aber mühelos, auch Songs mit einem solchen Fundament nicht synthetisch klingen zu lassen. In Better kreist dabei alles um die Zeile „I’m not enough to make you better“. In Matter führt der Beat zum zunächst verstörenden, dann verheißungsvollen Gedanken, dass man aus diesem Lied tatsächlich einen Disco-tauglichen Remix machen könnte – zumindest für eine Psychotherapeuten-Disco.
Und dann ist da ja noch der Titelsong – übrigens eine Idee, die nicht erst durch den Tod seiner Großmutter entstanden ist, wie William Fitzsimmons erzählt: Schon vor zehn Jahren wollte er ein Album über Pittsburgh machen: „An Inspiration mangelte es nicht. Eher im Gegenteil. Ich fühlte mich nie an dem Punkt, an dem ich meine Gedanken ausreichend sortiert hatte, um es zu Papier zu bringen.“ Nun hat er für Pittsburgh eine Form gefunden, und zwar eine, die auf wunderbare Weise die Stärken seiner Kunst vereint: Es ist ein Lied, das so schön ist, dass es jeden zum Tode Verurteilten trösten und besänftigen könnte – und jeden Henker davon abbringen, tatsächlich Hand an den Delinquenten zu legen.