Künstler | Woman’s Hour | |
Album | Conversations | |
Label | Secretly Canadian | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
“I know my dreaming / leads nowhere / I know that I’m dreaming”, singt Fiona Burgess, die Frontfrau von Woman’s Hour, in Reflections kurz vor dem Ende dieses Albums. Diese Zeilen könnten als Überschrift für Conversations gelten: Lieder wie dieses oder die Single To The End sind wahrscheinlich genau der Sound, für den jemand das Wort „Dream-Pop“ erfunden hat. Sie sind entspannt, fast ätherisch und wunderhübsch. Und sie kommen aus einer Welt, in der die Sehnsucht kein Ziel haben muss, sondern Selbstzweck sein darf.
Etwas prosaischer betrachtet kommen Woman’s Hour (benannt nach einer von Burgess und ihren drei männlichen Mitstreitern geschätzten Sendung auf BBC Radio 4) aus London, Conversations ist ihr Debütalbum und trifft auf durchaus hohe Erwartungen, nachdem im vergangenen Jahr Our Love Has No Rhythm für einige Aufregung gesorgt hatte. Die Ballade zeigt wunderbar, wie Woman’s Hour ans Werk gehen: Sie ist der perfekte Mix aus der Reduktion von The XX und der Innigkeit von Soul – und sie überrascht noch immer mit der Erkenntnis, dass ein Song diesen Titels so erotisch sein kann.
Viele der Lieder projizieren verführerische Bilder in den Kopf, und das ist kein Zufall, denn das Visuelle genießt bei Woman’s Hour besondere Wertschätzung. „A lot of music videos are not very challenging, and I like the idea of them being quite confronting”, sagt Burgess, und erklärt selbstverständlich auch gerne die ausgeklügelte Ästhetik hinter dem Plattencover. “Our album artwork is inspired by a picture of a woman surrounded by pyramids that was part of a magazine article called The Start of an Era. It was a 1970s performance piece that was performed at the Whitney Museum in New York, and we’ve also designed nine of these pyramids with Oliver Chanarin that we’ll incorporate into our live show when possible.“
Die Wertschätzung fürs Detail und ein famoses Gespür für Stilistik zeichnen auch Conversations aus. Der Opener Unbroken Sequence schleicht sich ganz langsam an und findet dann, wie es sich gehört, in einem wunderschönen Refrain à la Saint Etienne seine Krönung. In The Darkest Place hat die Stimme von Burgess diese scheinbar angeborene Traurigkeit, die man bei Lykke Li so liebt, die Musik dazu dürfte auch im Beach House sehr gerne gesehen sein. Der Schlusspunkt The Day That Needs Defending strahlt eine große Eleganz und schlichte Schönheit aus.
Das Album enthält die Sorte Musik, mit der man ein amüsantes Missgeschick erleben kann, das es sonst nur beim Suchen nach der Brille gibt, die man doch auf der Nase trägt. Man kann sich mitunter fragen, wo man die Kopfhörer bloß hingelegt hat, bis man merkt: Man hat sie im Ohr, und es kommt Musik raus, die so einschmeichelnd ist, dass man sie fast gar nicht mehr wahrnimmt. Entsprechend abstrakt sind auch die Themen. “I’m interested in the idea of memory and how powerful memories can be, and how powerful some things can be to let go of”, sagt Fiona Burgess. “A lot of my writing is me trying to understand an emotion or situation.”
Nicht alles auf Conversations ist dabei großartig, um das etwas blutleere Devotion toll zu finden, braucht man beispielsweise schon ein ungesund großes Stück Eighties-Begeisterung. Auch bei der Single Her Ghost drohen die Qualitäten der Band fast ins Übertriebene zu kippen. Das Lied klingt, als wollte es sagen: „Vergesst Videos von Katzenbabys! Ich bin viel niedlicher!“ – und selbstverständlich behält es Recht. Das sind allerdings kleine Kratzer an einem insgesamt glänzenden Debüt. Wenn Melancholie daraus entsteht, dass man die Welt schön findet und doch bedauert, dass sie vergänglich ist, dann haben Woman’s Hour genau den richtigen Soundtrack für dieses Gefühl.
Träumen geht am besten mit geschlossenen Augen, scheint das Video zu Darkest Place zu betonen.
httpv://www.youtube.com/watch?v=–eZv4eDpaw