Künstler | Woods Of Birnam | |
Album | Woods Of Birnam | |
Label | Royal Tree | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
I’ll Call Thee Hamlet heißt das erste Stück auf diesem Album. Viel prätentiöser geht es kaum. Der Eindruck wird verstärkt von einem pathetischen Sound und einem Lied, das eher blutleer wirkt als voll von der Verzweiflung, für die Hamlet steht wie vielleicht keine andere Figur auf der Welt. Man hört dieses Lied und denkt: ganz schön viel Theater.
Das ist allerdings kein Wunder. Der Sänger bei Woods Of Birnam ist Christian Friedel. Im Kino war er vor fünf Jahren unter anderem in Das weiße Band zu sehen, jetzt ist er Ensemblemitglied am Dresdner Staatsschauspiel. Für seine Band hat er die Reste von Polarkreis 18 um sich geschart, also die gesamte Band bis auf Frontmann Felix Räuber, dessen Rolle er schließlich selbst zu besetzen gedenkt: Christian Grochau (Schlagzeug), Uwe Pasora (Bass), Philipp Makolies (Gitarre) und Ludwig Bauer (diverse Instrumente) unterstützen ihn. Im Unterschied zu Polarkreis 18 wird hier allerdings auf Englisch gesungen. Friedel sieht darin „die Möglichkeit, extrem aufzumachen und doch noch ein Geheimnis zu bewahren“.
Friedel ist kein geborener Sänger, aber ein passabler. Schwerer fällt ins Gewicht, dass Woods Of Birnam ein Debüt geworden ist, auf dem das „Aber“ eine große Rolle spielt. Es gibt viele inspirierte Momente, eine große Vielfalt und den unverkennbaren Willen, nicht bloß einen guten Song abzuliefern, sondern noch etwas Besonderes hinzuzufügen. Doch gerade die letztgenannte Eigenschaft führt dazu, dass kaum ein Lied hier sofort zündet oder sich wirklich nachhaltig im Gedächtnis verankert.
Down ist ein gutes Beispiel dafür. Es beginnt mit schöner Atmosphäre, wird dann aber schnell überambitioniert. Falling versucht vergeblich, die Sensibilität und Leidenschaft von Travis hinzubekommen. Dance will mit elektronischen Mitteln gerne Euphorie evozieren, aber das misslingt.
Auch der pompöse Titelsong passt leider in dieses Schema und er geht über in den vielleicht erwartbarsten Hidden Track der Welt, der dann schließlich nach 49 1/2 Minuten Spielzeit des Albums erklingt. Dass Woods Of Birnam das Offensichtliche nicht besonders schätzen, ist da längst klar. Immerhin: Wie der Hidden Track klingt (nämlich nach kräftigem Rock mit einer Prise Funk), ist dann doch überraschend.
Am besten ist das Quintett aus Dresden, wenn es alles eine Nummer kleiner konzipiert wie im zunächst weitgehend akustischen The Healer, das nach erwachsenem Pop à la The Rembrandts oder Crowded House klingt. Ein Lied wie Closer hätte man sich (und er selbst sich wohl auch) auf dem letzten Album von Morten Harket gewünscht. Soon ist eine wunderbare Ballade, die nur akustische Gitarre, Klavier und ein bisschen Besenschlagzeug braucht, Apparition setzt auf verspieltes, dramatisches, leicht spinnertes Klavier.
Remembrance ist mit seiner herben Melancholie durchaus typisch für den Sound der Band, Horizon wird kurz und gut. Daylight ist der beste Beweis für die Ankündigung, dass sich Woods Of Birnam (wie passend) auch Filmmusik vorstellen können. Doch auch hier gilt wie für das gesamte Album: gut gemacht, gut gemeint, aber nicht immer rundum gut. Aus den besten Teilen der hier versammelten zwölf Lieder könnte man drei, vier richtig gute Songs machen, aber man muss sich diese Einzelteile zusammensuchen. Dass die Strophe oft besser ist als der Refrain, ist auch nicht gerade hilfreich – wäre es umgekehrt, könnten Woods Of Birnam manches Manko kaschieren.