Yalta Club – „Hybris“

Künstler Yalta Club

Yalta Club Hybris Rezension Kritik
Viel persönlicher sind Yalta Club auf „Hybris“.
Album Hybris
Label Radicalis
Erscheinungsjahr 2017
Bewertung

Mehr gute Laune geht nicht. Karibische Rhythmen erklingen im ersten Lied dieses Albums, es gibt Händeklatschen, reichlich Energie und eine maximal ausgelassene Atmosphäre. „Why can’t we just love each other?“, fragen Yalta Club dazu im Refrain von Love. Man könnte das für banal halten, wäre da nicht die Entstehungsgeschichte des Songs: Die Band aus Paris hat ihn am Tag nach dem Angriff auf die Redaktion von Charlie Hebdo geschrieben.

Die Terroranschläge des Jahres 2015 waren ein Einschnitt für die Band, die 2012 gegründet wurde und sich in dieser Phase ohnehin im Umbruch befand. 2013 erschien das Debütalbum von Yalta Club, nach 150 Konzerten in zwei Jahren, etlichen Auftritten bei renommierten Festivals und der Pleite ihrer Plattenfirma stieg der Gitarrist aus. Die Band stand vor der Frage, wie der nächste Entwicklungsschritt aussehen soll. Genau in diesem Moment erwischte sie die grausame Erkenntnis, in einer Zeit (und in einer Stadt) zu leben, in der Verblendete dein Leben von einem Moment auf den anderen beenden können.

Dieser Gedanke hat Hybris, das heute erscheinende zweite Album von Yalta Club, deutlich geprägt. Die Musik, die oft an Is Tropical, Hippo Campus oder Bosco Rogers denken lässt, ist beinahe noch optimistischer geworden. In den Texten blicken Julien Geffriaud, Corinna Krome, Nicolas Dhers, Thomas Emeriau, Sebastian Daviet und Erwan Cornen (fünf Franzosen, eine Deutsche) weniger zynisch auf die Welt, sondern zeigen mehr Emotionen und insbesondere Mitgefühl.

Einen Vorgeschmack auf diesen Sound hatte bereits die im Juni 2016 die veröffentlichte EP Midas gegeben, daran knüpfen Yalta Club nun an (nicht nur mit dem Albumtitel, der ebenfalls ein Motiv der griechischen Mythologie aufgreift). Produziert wurde das Album ebenfalls von Florent Live und Paule Kovacevic, die schon mit Hochkarätern wie Phoenix, Two Door Cinema Club oder Bloc Party zusammengearbeitet haben. Das Ergebnis ist oft genug betörend: Stars ist ausgelassen, jung und einer von vielen Momenten, die Vampire Weekend heraufbeschwören. Das wunderbare, sehr heitere New Day dürfte Paul Simon gefallen, nicht nur wegen seines hymnisch-exotischen Refrains. Late bietet eine reizvolle Kombination aus elektronischen Beats und etwas schwermütigen Bläsern.

Ohnehin zeigt Hybris, das Yalta Club nicht nur ein Strahlemann-Gesicht haben. Als Album funktioniert das Werk auch deshalb so gut, weil es – trotz der insgesamt sehr positiven Grundstimmung – reichlich Facetten bietet. Die akustische Ballade Holy Kind überzeugt ebenso wie der beschaulich-elegante Schlusspunkt Something To Remember oder das verspielte Of Mice And Gods, das erahnen lässt, wie es klingen könnte, wenn Hurts einmal wirklich Lust zu tanzen hätten. Diamonds And Coal verströmt eine putzige Naivität, in Exile (der Song thematisiert die Ignoranz gegenüber Flüchtlingen) ist alles zunächst fast verschüchtert, bis sich eine mächtige Synthie-Walze Bahn bricht. Instant God mischt Trägheit mit Optimismus, wie man das beispielsweise von MGMT kennt, passend dazu heißt es: „You can make it fast, you can make it slow.“

Auch das ist wieder so eine Zeile, die nach Binsenweisheit kingt, hier aber mit Bedeutung aufgeladen und einem wunderbaren Indiepop-Sound unterlegt wird. Nur einmal greifen Yalta Club daneben: The Door ist der schwächste Song der Platte, mit einem theatralischen und brachialen Refrain, der an schlimmste Auswüchse des Nu Rock denken lässt. Nur hier fehlt das, was Hybris sonst so bestechend macht: Zauber.

Ziemlich brutal ist das Video zu Of Mice And Gods.

Demnächst sind Yalta Club live zu sehen.

24.01.2017 München | Kranhalle
25.01.2017 Nürnberg | Club Stereo
26.01.2017 Hannover | Mephisto
27.01.2017 Hamburg | Molotow
28.01.2017 Leipzig | Moritzbastei
29.01.2017 Düsseldorf | Zakk
31.01.2017 Mainz | Schon Schön
01.02.2017 Münster | Gleis 22
02.02.2017 Berlin | Privatclub
03.02.2017 Lüneburg | Salon Hansen
04.02.2017 Heidelberg | Club 02

Website von Yalta Club.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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