Künstler | A Place To Bury Strangers | |
Album | Worship | |
Label | Dead Oceans | |
Erscheinungsjahr | 2012 | |
Bewertung |
A Place To Bury Strangers hatten schon immer großen Spaß daran, ihr ganz eigenes Wertesystem zu definieren. Am Anfang ihrer Karriere waren Dezibel das Maß aller Dinge, was ihnen unter anderem den frühen Ehrentitel als „New York’s loudest band“ einbrachte. Später hatten sie kein Problem damit, als lupenreine Rocker bei Mute Records zu unterschreiben, wo sonst eher elektronische Acts wie Depeche Mode, Erasure oder Goldfrapp beheimatet sind. Unlängst bewiesen sie mit dem Clip zu So Far Away, dass man für die Produktion eines Musikvideos nicht mehr als ein iPhone braucht.
Für ihr drittes Album Worship gibt es ebenfalls einen ganz klar definierten Wert: Autonomie. “We made this, we recorded this, we did everything,” betont Sänger Oliver Ackermann. Bassist Dion Lunadon wird noch ein bisschen deutlicher: “This album was written, recorded, mixed and mastered by A Place To Bury Strangers. It is our vision of what our music should sound like in 2012, not someone else’s interpretation,” stellt er vorsichtshalber schon einmal vorab klar. “Every sound on the album is made by us and our tools; tools created by us, used on no other recordings, and purposefully built for this project. This is real. Some of it is the band being in complete control — bending, shaping and building the songs and the sounds. Other parts are the band relinquishing control and letting the songs and sounds take over and produce themselves. We are not trying to reinvent ourselves, but simply push ourselves further in all aspects of our music.”
Der erste Track heißt passenderweise Alone, setzt auf einen maschinellen Beat à la Marilyn Manson und findet dann Gesellschaft irgendwo im Dunstkreis von My Bloody Valentine. You Are The One lässt danach die Einflüsse von The Big Pink oder dem Black Rebel Motorcycle Club (mit beiden waren A Place To Bury Strangers schon auf Tour) erkennen: Der Song ist düster und zugleich gelassen, als würde jemand einigermaßen unerschrocken durch einen Folterkeller flanieren – am Ende klingt das Feedback dann wie die Schreie der Eingekerkerten.
Mind Control setzt auf Fuzz und Drive und die ultracoole Stimme von Oliver Ackermann, der Titelsong wird träge und sexy. Revenge ist der kraftvollste Song auf Worship, lässt sofort an Cabrio, Gasgeben, Wüste und Fusel denken (ebenso wie an Quentin Tarantino, David Lynch oder Hunter S. Thompson). Der Rausschmeißer Leaving Tomorrow feiert die drei großen F: Fieber, Feuer, Feedback.
Das ist Noiserock, wie man ihn schätzt von diesem Trio. Zugleich enthält Worship aber auch überraschende Passagen. Slide wird kurz vor Schluss introspektiv und sehr reizvoll. So ähnlich wie Why I Can’t Cry Anymore hätten vielleicht die Ramones geklungen, wenn sie als Kids Rammstein gehört hätten statt der Beach Boys. Der Anfang von Dissolved klingt wie With Or Without You von U2, um dann Platz zu machen für eine gute Portion gedämpfter The-Cure-Heiterkeit. Fear beginnt mit Dröhnen, bevor sich Bass und Schlagzeug als Unruhestifter betätigen und sich so etwas wie eine Billy-Idol-Ballade entwickelt. And I’m Up wirkt schließlich, als hätte inmitten all dieser Endzeitmusik plötzlich jemand das Fenster geöffnet und vielleicht nicht gleich die Sonne, aber zumindest doch etwas frische Luft hereingelassen.
Diese Elemente der Weiterentwicklung, die neuen Einflüsse aus dem Krautrock oder der Achtzigergruft, sind die großen Pluspunkte von Worship. Und natürlich das, was man A Place To Bury Strangers hier dank ihres Bekenntnisses zur Autonomie mehr denn je anhört: Entschlossenheit.
Im Video zu Leaving Tomorrow kommen noch drei weitere F dazu: Felsen, Flucht und Fährtenlesen:
httpv://www.youtube.com/watch?v=ZmIAgTRVEog
Homepage von A Place To Bury Strangers.
Ein Gedanke zu “A Place To Bury Strangers – „Worship“”