Hingehört: Adriano Celentano – „Greatest Hits“

Adriano Celentano ist der coolste Mensch der Welt.
Künstler Adriano Celentano
Album Greatest Hits
Label Zyx
Erscheinungsjahr 2001
Bewertung ***

Der Mann, der seit Der gezähmte Widerspenstige und Bingo Bongo der coolste Mensch der Welt ist, hat also auch noch den Rap erfunden. Im Oktober 1972, also lange vor Grandmaster Flash, Eminem und, ähem, Giovanotti, nahm Adriano Celentano einen Song namens Prisencoli auf, den vermeintlich ersten Sprechgesang der Musikgeschichte. Ob es wirklich ein Rap ist, kann ich nicht nachprüfen, denn das Stück ist leider nicht auf dieser Platte vertreten. Genauso wenig wie Azurro oder einer der zahlreichen italienischen Nummer-eins-Hits des Mannes, der bei einem Jerry-Lewis-Imitatorenwettbewerb entdeckt wurde. Von Greatest Hits kann also keine Rede sein.

Trotzdem ist die Platte enorm unterhaltsam. Adriano Celentano bietet darauf einen Sound, der verdammt italienisch ist und richtiggehend old-timey. Das klingt in den schnulzigen Momenten nach Roy Orbison (La mezza luna, Una notte vicino el mare, Nata per me oder Si è spento il sole). Wenn es beschwingter zugeht, steht Frank Sinatra (ein bekennender Fan Celentanos) Pate, wie in Buona sera, signorina, Cosi no, Un sole caldo caldo caldo oder Forse forse. Swing wird da geboten, Ragtime, Dixieland und jede Menge exotische Rhythmen. Wenn sich Celentano dem Rock annähert, kann das schon mal leicht nach Chuck Berry klingen (Ciao amore, Teddy Girl, Giarettiera Rossa).

Frappierend sind auch Parallelen zu Sam Cooke. Celentano hat zwar (bei aller erstaunlichen Markanz und Variationsbreite seines Gesangs) nicht dessen Stimmgewalt, setzt aber ähnlich oft auf originelle Orchester-Sounds und spielt für sein Leben gern mit dem (Background-)Chor. Man smart und Personalita sind solche Fälle, die Duette Coccolona und Ritorna Lo Shimmy mit Anita Traversi ebenfalls. Ein unbezahlbares Vergnügen sind auch die beiden Coverversionen Hello Mary Lou und Blueberry Hill.

Unterm Strich wird klar, warum man den gelernten Uhrmacher von Mailand bis Palermo so liebt und warum seine Fernseh-Shows Fantastico und Francamente me ne infischio unfassbare Einschaltquoten erzielt haben: Celentano schafft als, ein perfekter Entertainer zu sein, ohne sich dabei zu verbiegen. La Republica hat ihn einmal den „Wortführer der kollektiven Frustration des italienischen Volkes genannt“. Und darüber hinaus ist Adriano Celentano eine Konstante. Und davon hat Italien nicht allzu viele.

Falls er wirklich den Rap erfunden hat, dann hat Adriano Celentano danach nicht mehr viel dazugelernt. Trotzdem sieht er auch 1991 unschlagbar aus:

httpv://www.youtube.com/watch?v=5Yyax37o62M

Adriano Celentano bei MySpace.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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