Künstler | Alessi’s Ark | |
Album | Time Travel | |
Label | Bella Union | |
Erscheinungsjahr | 2011 | |
Bewertung |
Vielleicht sagt es eine Menge aus über das Vertrauen der Menschheit in sich selbst, dass Zeitreisen fast immer die Vergangenheit zum Ziel haben. Ob Bill & Teds verrückte Reise durch die Zeit, Zurück in die Zukunft, Terminator oder 12 Monkeys – immer zieht es die Protagonisten in längst vergangene Epochen. Wie die Zukunft aussehen wird, das will man wohl lieber nicht wissen.
Time Travel heißt nun auch das zweite Album von Alessi’s Ark, und auch dieses Werk ist eher in der Vergangenheit verwurzelt denn futuristisch. Für den Albumtitel gibt es aber einen anderen Grund. Time Travel wurde aufgenommen in Brighton (mit Marcus Hamblett vom Wilkommen Collective) und in Wales mit David Wrench (Beth Orton, Bat For Lashes). “In Brighton, we did 12 hour days and had no idea what was going on in the outside world. In Wales, there was no phone signal, and it felt far away from everything”, erklärt Alessi Laurent-Marke die Tatsache, dass sie sich während der Aufnahmen wie aus der Zeit gefallen fühlte.
Wo wir gerade bei Erläuterungen sind: Dass sie ihre Musik unter dem Namen “Alessi’s Ark” veröffentlicht, soll Verwechslungen (oder rechtlichen Ärger) mit anderen Künstlern verhindern. Dahinter steckt aber auch der Ansatz, unter diesem Moniker möglichst viele Freunde und Mitstreiter vereinen zu können. Auf ihrem Debüt Notes From The Treehouse (2009) hatte gleich ein ganzer Schwung von Bright-Eyes-Musikern mitgewirkt. Auch bei Time Travel herrschte ein reges Kommen und Gehen in den beiden Studios.
Dass insgesamt tatsächlich 15 verschiedene Musiker an dieser Platte mitgewirkt haben, hört man Time Travel aber keineswegs an. Es ist ein intimes, unschuldiges, schüchternes Album. Die 21-Jährige präsentiert auch auf Time Travel bezaubernden Folkpop. Dass sie auf Tour unter anderem mit Laura Marling und Mumford & Sons war, kann der Einordnung dienen. Dass Neil Young ein Fan von ihr ist, sollte aufhorchen lassen. Dass der Guardian in Time Travel “a talent that’s on the verge of becoming something special” erkennt, macht ebenfalls Hoffnung.
Und die Musik von Alessi’s Ark enttäuscht dann auch nicht. Der Opener Kind Of Man braucht bloß Akustik-Gitarre, Bass, eine Pedal Steel und ganz dezente Streicher, um träge und doch betörend zu werden. Wenn in On The Pain dann Schlagzeug und eine Trompete dazu kommen, dann klingt das ein bisschen wie Kate Nash auf dem Heimweg nach einer harten, aber lehrreichen Woche. Im recht zupackenden Must’ve Grown legt Alessi’s Ark die gespielte Naivität ab, die sonst einigen der Stücke auf Time Travel eigen ist.
Vor allem aber gelingt ihr ein Album, das trotz des recht eindimensionalen Konzepts im Laufe der Zeit genug Facetten offenbart, um spannend und reizvoll zu bleiben. Der Titelsong, mit knapp vier Minuten das mit Abstand längste der zwölf Stücke auf Time Travel, entwickelt eine tolle Dramaturgie. The Fever ist ein asiatisch angehauchtes Instumental. Ein echtes Highlight wird Maybe I Know – jawohl: ein Cover von Lesley Gore, die mit dem Song 1964 einen Top20-Hit hatte. The Robot klingt wunderbar warm und organisch, der Rausschmeißer The Bird Song herrlich schräg. Das ist so hübsch, dass man wirklich gerne auf die Zukunft verzichten kann – und sich am besten ganz dem Moment hingibt.
Gespielte Naivität? Die gibt es bei Alessi’s Ark auch im Video zu Maybe I Know:
httpv://www.youtube.com/watch?v=IO1Fsvz_HOY