Hingehört: All The Young – „Welcome Home“

All The Young sind auf "Welcome Home" auf der Suche nach der goldenen Mitte.
All The Young sind auf „Welcome Home“ auf der Suche nach der goldenen Mitte.
Künstler All The Young
Album Welcome Home
Label 14th Floor
Erscheinungsjahr 2012
Bewertung **

Die Parallelen sind einigermaßen verdächtig. Da ist ein Brüderpaar (Ryan und Jack Dooley). Da ist ein Drummer, der in der Frühphase der Band ausgetauscht wird (John Bradbury wurde von Will Heaney abgelöst). Da sind eilige Lobeshymnen in der Presse, da ist eine Umbenennung der Band (von New Education in All The Young). Und da ist nicht zuletzt der Wille, mit britischer Gitarrenmusik und selbstbewussten Statements ganz groß rauszukommen. Das lässt nur einen Schluss zu: All The Young hätten sicherlich nichts dagegen, wenn ihnen irgendjemand das Label „die neuen Oasis“ verpasste.

Frontmann Ryan Dooley ist gerne zur Stelle, wenn es gilt, seine eigene Überzeugung unter Beweis zu stellen, sein Talent zu preisen und sich als Identifikationsfigur für die Massen anzubieten. ”I can understand as much as anyone right now why there’s been a lull in proper guitar tunes. People have been waiting for something bigger to come along. When there’s a lull it made me want it more and fuelled the hunger for it.“

Der Rausschmeißer Welcome Home, zugleich der Titelsong dieses Debütalbums, bringt die Ambitionen der Band auf den Punkt: „A chance is all I ask for / to change the world“, singt Dooley da. Der Song war die Initialzündung für die zweite Entwicklungsstufe von All The Young. „Welcome Home was the one when after we first played it all the way through, we looked around at each other in a different way. Like we didn’t know we had it in us,“ erzählt Jack, der Bruder am Bass. „It means business that one. There’s no way you can play it without your heart and soul fully in it.“

Leider sind es genau diese Zutaten, die dem Album über weite Strecken fehlen. Das Quartett aus Stoke-On-Trent klingt überambitioniert, leer, kalkuliert. Alles hier versucht, zwei Dinge zusammenzubringen, die nicht zusammengehören: ehrlichen, handgemachten RockRock und den Geschmack des Mainstream-Radios. Alles will angenehm und aufmunternd klingen, Ryan Dooley singt quasi durchweg in derselben Stimmlage und Produzent GGGarth Richardson (Rage Against The Machine, Red Hot Chili Peppers, Biffy Clyro) hat All The Young auch die letzten womöglich vorhandenen Ecken und Kanten abgeschliffen.

Schon der Opener Another Miracle gibt weist in diese unglückselige Richtung: Vollgas und Optimismus sind vom ersten Ton an die Grundzutaten, und irgendwie scheinen All The Young dabei die goldene Mitte zwischen den Rembrandts und den Beatsteaks zu suchen (eine Idee, auf die man erst einmal kommen muss). The First Time will so unbedingt Zuversicht ausstrahlen und Mut spenden, dass man das beinahe für christlichen Rock (oder aber Jimmy Eat World) halten könnte. Das Intro zu The Horizon könnte sogar glatt von Pur stammen.

Das ist durchaus schade, denn neben einem guten Händchen für großspurige Refrains beweisen All The Young auch an einigen anderen Stellen durchaus ihr Talent. New Education, eine Quasi-Ballade im Stile der Courteeners (mit denen All The Young übrigens schon auf Tour waren), setzt auf etwas weniger Bombast und funktioniert prompt besser als vieles andere auf diesem Album. Auch Quiet Night In ist gelungen, weil die forsche Herangehensweise hier endlich einmal nicht verkrampft wirkt. Und Arcane, das die Band schon unter ihrem alten Namen New Education veröffentlicht hatte, ist nichts weniger als ein guter Rocksong.

Angesichts der Ambitionen der Band ist Welcome Home aber eine Enttäuschung. Denn All The Young klingen hier durchweg so, wie es Oasis niemals waren: konventionell.

Unbeschwertheit nach Drehbuch: Im Video zu Another Miracle funktioniert das noch recht gut:

httpv://www.youtube.com/watch?v=DG7YB1WzeVQ

All The Young bei MySpace.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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