Künstler | Annie |
Album | Anniemal |
Label | 679 Recordings |
Erscheinungsjahr | 2005 |
Bewertung | ***1/2 |
Der Name verführt natürlich zu Wortspielen. Aber das Debüt von Annie ist keine Anniethology geworden. Auch kein Annieversary. Es heißt auch nicht Anniemation, Anniebody oder gar (Achtung!) Annie One. Sondern Anniemal.
Was die „perfect Scandinavian Pop Princess“ (der Guardian über die Norwegerin) wohl für ein Vierbeiner sein könnte? Auf die Frage gibt es nur eine Antwort: Annie ist nicht bloß ein Tier. Sie ist ein ganzer Zoo – oder ein Dschungel, wie sie uns im Intro auch gleich warnt.
Und dann legt sie los, als Pfau und Panther, eitel und aggressiv, hinterlistig und majestätisch. Chewing Gum heißt das Stück – und es ist das beste Stück Elektro-Pop seit Ewigkeiten. Die Stimme ist reine Koketterie, der Text voller Widerhaken, die Beats von Richard X treffen sicherer ihr Ziel als eine Cruise Missile – und richten hinsichtlich der Zurechnungsfähigkeit spätestens im Killer-Refrain auch ähnlichen Schaden an.
Ein Kracher von ähnlichem Format ist Me Plus One, wieder von Richard X geschrieben, noch eingängiger, noch unwiderstehlicher. Annies Stimme ist so unfassbar schulmädchensüß, dass man sich unwillkürlich gegen Erziehungsberechtigte und Karies schützen will. Doch dann kommt der Bababa-Teil und zerstreut solche Bedenken mühelos. Dies ist einfach nur noch Pop-Genuss in seiner höchsten Form, clever, sexy und elegant, und tatsächlich: „life affirming in every sense“, wie Q festgestellt hat.
Dieses Level erreichen die anderen Songs nicht, das wäre auch übermenschlich und gar nicht auszuhalten. Trotzdem gibt es noch viel zu entdecken, auch wenn man unter die Oberfläche und nach den Details schauen muss, um fündig zu werden. Wie ein Trüffelschwein, quasi.
Belohnt wird man dann mit Heartbeat, mit einem Gesang zum Dahinschmelzen, pulsierendem Bass und gelegentlichen Motown-Referenzen. Oder mit dem komplexen Titelsong, der in Eighties-Zitaten schwelgt und kurz den Verdacht nahelegt, Annie sei vielleicht die Gwen Stefani des denkenden Mannes. Oder mit dem entspannten Funk-Vibe von No Easy Love. Oder mit Greatest Hit, das in fast klassischem Disco-Sound und verdammt verführerisch daherkommt. Oder dem hinreißenden My Best Friend, in dem Annie beinahe den sterbenden Schwan gibt.
Vor allem aber mit Come Together, einer fast achtminütigen Elektropop-Synfonie, die sich vom hauchzarten Intro über einen Mörder-Groove und filigrane Orgel-Melodien hin zur puren Dancefloor-Ekstase steigert.
Am Schluss weiß man dann doch, was Annie für ein Tier ist: ein Chamäleon.
Jede Menge Annies hat Popworld für die Aufzeichnung von Chewing Gum aufgetrieben:
httpv://www.youtube.com/watch?v=KTx6enCvQ-M
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