Künstler*in | Avril Lavigne | |
Album | Under My Skin | |
Label | Arista | |
Erscheinungsjahr | 2004 | |
Bewertung |
Avril Lavigne hat einen großen Vorteil: ihre Jugend. Gerade 18 ist sie geworden. Da nimmt man ihr noch all die Begeisterung ab, all das Staunen, all die Energie. Unvergessen die Chuzpe, mit der sie im Complicated-Video die Welt auf den Kopf stellte. Ein Wirbelwind, vor dem man sich erst einmal in Sicherheit bringen wollte, um nicht in irgendeiner Form Schaden zu nehmen.
Man bestaunte diesen Schwung, hatte aber auch schlechte Erfahrungen gemacht: Bei Pink oder Nelly Furtado muss derlei Enthusiasmus gelegentlich auch herhalten, um von mittelmäßigen Songs abzulenken.
Solche Zweifel zerstreute das Debütalbum Let Go. Natürlich war nicht alles so gut wie Complicated oder I’m With You. Aber eine mehr als ordentliche Platte war das trotzdem. Dieses beachtliche Niveau hält Avril Lavigne auch mit dem neuen Album Under My Skin. Es gibt kleine Qualitätsschwankungen, aber keine Ausfälle – und eine ganze Menge richtig guter Lieder.
Die Single Don’t Tell Me gehört natürlich dazu, Fall To Pieces mit einem klasse Refrain oder das hübsche How Does It Feel mit dezenten Streichern. Höhepunkt ist Who Knows, quasi tanzbarer Stadionrock mit einem Augenzwinkern. Eine leichte Selbstironie wohnt (hoffentlich) auch dem Feger He Wasn’t inne, der die besten Aussichten als Nachfolger von Sk8er Boi hat und wie Blink 182 im Quadrat klingt.
Andere Stücke wie This Confusion lassen erahnen, dass die kleine Avril abends unter der Bettdecke auch mal Papa Roach oder Linkin Park hört. Forgotten erinnert mit seinem Wut-im-Bauch-Text und den Gesangs-Manierismen an Alanis Morissette, würde aus deren Mund aber vollkommen unerträglich klingen.
Das ist der Vorteil der Teenager: Bei ihnen wirkt vieles cool und selbstverständlich, was bei älteren Semestern verkrampft und peinlich ist. Und dank dieser Narrenfreiheit drückt Avril Lavigne einer Musik, die man von den Cranberries, Die Happy oder Skunk Anansie eigentlich schon ganz ähnlich gehört hat, ihren ganz eigenen Stempel auf. Ihre Unbekümmertheit lässt selbst abgestandenen Mainstream-Rock frisch und glaubwürdig klingen. Eine Landsfrau von ihr hat das vor langer Zeit auch schon mal geschafft: Alannah Myles. Die ist aber schon fast 40.
Avril Lavigne singt Who Knows bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Vancouver:
httpv://www.youtube.com/watch?v=ET851bA9rEE