Hingehört: Be Your Own Pet – „Be Your Own Pet“

„Be Your Own Pet“ ist geballte Wucht.
Künstler Be Your Own Pet
Album Be Your Own Pet
Label XL Recordings
Erscheinungsjahr 2006
Bewertung ****

Auf dem Papier klang das alles wirklich verlockend: eine Horde Teenager, blutjung und mit wilden Frisuren, bewaffnet mit Gitarren, aus einer Stadt, wo man sie wirklich nicht vermutet hätte, nimmt eine Platte auf und mischt das Musikbusiness auf. Doch dann die Enttäuschung: Auf den glattesten Mainstream poliert war das alles, ohne eine Spur von Rebellion und Originalität, nicht einmal selbst geschrieben die Songs. Tokio Hotel erwiesen sich als ein totaler Reinfall, ein Kunstprodukt.

Wie viel besser haben es da schon wieder die Amis. Auch hier: eine Horde Teenager, blutjung und mit wilden Frisuren, bewaffnet mit Gitarren…you get the story. Doch, mein Gott, wie viel echte teenage angst steckt hier in jedem Song, wie viel angestaute Wut, wie viel Lust am Abenteuer! Wie herrlich wird hier die ganz bewusste Entscheidung gefeiert, jung zu sein, leichtsinnig zu sein, Fehler zu machen! Alle guten Ratschläge werden hier nicht bloß in den Wind geschlagen; sie werden angeschrien, zerfetzt, zu Tode getrampelt – und dann wird draufgekotzt.

Be Your Own Pet aus Nashville werden mit dieser Attitüde vielleicht ein one trick pony bleiben, aber im Moment gibt es kaum eine andere Band, die so viel Energie und Spaß und Wucht vermitteln. Schon diese Songtitel: Ouch, Love Your Shotgun oder Adventure. Hinter „Wildcat“ wird selbstverständlich ein Ausrufezeichen gesetzt, und „Fun“ schreibt sich hier mit sechs U: Fuuuuuun.

So klingt das Debüt des Quartetts denn auch. Der Auftakt Tresher’s Flail wirkt, als würden Jemina, Jonas, Nathan und Jamin erst einmal die Instrumente ausprobieren und es in erster Linie auf Lärm anlegen. Bunk Trunk Skunk findet dann schon eine Form für die Kraft. Eine Granate ist das, eine Dampfwalze, und der Kampfschrei heißt: „I’m an independet motherfucker / and I’m here to steal your virginity.“ Da bleibt einem die Spucke weg. Bicycle, Bicycle, You Are My Bicycle ist entweder hoch komplex oder nur eine wilde Aneinanderreihung von Riffs, auf jeden Fall aber ein Killer, ein Song, der Leben retten kann und Schulen zum Einsturz bringen.

Das famose Wildcat! ist Sängerin Jemina auf den Leib geschrieben und man vermag kaum zu sagen, ob dieses blonde Gift bedrohlicher ist oder diese messerscharfe Gitarre. Fuuuuuun wir zum atemlosen Trip, Bog klingt wie Franz Ferdinand nach viel zu viel (viel zu viel!) schlechtem Rotwein, October, First Account ist so etwas wie Stadionrock für schwer Erziehbare, Fill My Pill lässt die Sex Pistols wie eine harmlose und langweilige Band aussehen.

We Will Vacation, You Can Be My Parasol (was für ein Titel!) könnte die eine oder andere Regierung stürzen. Songs wie den Wirbelwind Stairway To Heaven oder das unfassbare Let’s Get Sandy können Be Your Own Pet in zwanzig Jahren definitiv nicht mehr spielen. Weil das dann lächerlich aussehen würde. Und weil sie ihre Gliedmaßen dann überhaupt nicht mehr so schnell bewegen können. Doch kein Mensch braucht eine Perspektive, wenn er einen Moment haben kann. Das ist hier das Motto. Wow.

Hatte ich schon die Energie erwähnt? Als Beweis eine Live-Performance von Wildcat!:

httpv://www.youtube.com/watch?v=aUf5Me1sjZA

Be Your Own Pet bei MySpace.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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