Künstler*in | Beginner | |
Album | Blast Action Heroes | |
Label | Buback | |
Erscheinungsjahr | 2003 | |
Bewertung |
„Die Beginner sind back“, heißt die erste Zeile. Das war zu erwarten. Natürlich ist das die Exposition, das Wir-sind-wieder-da („Darum sind wir zurück, Digger, war auch höchste Eisenbahn / Scheiße Mann, die gelangweilten Kids haben uns leid getan“), das Wir-waren-übrigens-schon-immer-da („Wir sind nicht nur im Haus / Wir haben es auch mitgebaut / und nicht nur Shit geraucht und dann auf ein Trittbrett drauf“), vor allem aber das Wir-sind-immer-noch-die-Geilsten („Wir kommen mit Best of Rap statt Best of the Dome / Wir kommen mit Endorphinen statt mit Testosteron).
Ein bisschen haftet dem Opener Back In Town aber auch so etwas wie Selbstvergewisserung an. Die Frage: „Bringen wir es noch?“ wird nicht offen gestellt, wohnt dem Track aber genauso inne wie die Skepsis, ob das Ganze denn noch ankommt („Vier Jahre und es passierte so vieles / Der Aufstieg und der Fall eines ganzen Musikstiles“). Im fantastischen Schiss werden Eizi Eiz, Denyo und DJ Mad dieses Element später noch ausführlich thematisieren. Die Angst wird da behandelt, vor dem Versagen, dem Misserfolg, der Verantwortung und der Zukunft: „Schiss – aber hier ist nichts mit wegrauchen oder wegsaufen oder weglaufen / und das hat nichts zu tun mit keine Eier haben / Leute, bald ist Feierabend.“ Der Refrain lautet gar „Wir haben Schiss“ – ganz ohne Ironie. Und das im HipHop, wo Machismo Pflicht ist, jeder der Stärkste und Coolste und Reichste sein muss! Solcher Mut erstaunt und erfreut. Gerade, weil sie auf Blast Action Heroes Konventionen brechen und weit über den Tellerrand blicken, werden die Beginner zu einem Lichtblick in der HipHop-Krise.
Natürlich haben sie auch noch die üblichen Sachen drauf. Kracher wie Wer bistn du? mit einem Sample von Nina Hagen – so faszinierend und nervig wie dieses Wesen eben ist. Den Hit Fäule, auf dem sie einfach alles richtig machen. Selbstbeweihräucherung wie Stift her, die live ein Fest sein dürfte und DJ Mads Fähigkeiten glänzen lässt.
Daneben überrascht aber die Vielfalt und, jawohl, Tiefe des Albums. Da erweisen sich die Beginner als Antifa-Aktivisten (das unzweideutige Scheinwerfer), dankbare Optimisten (das famose Gustav Gans), eingefleischte Nordlichter (City Blues als Hymne an Hamburch), genervte Medienkritiker (der Rundumschlag St. Anger und das verspielte Hör weg), feine Fabeldichter (das etwas zu spät gekommene Chili-Chil Bäng Bäng) und gar Umweltschützer (Wunderschön).
Dass sich die Vielfalt nicht nur auf die Themen, sondern auch auf die Einflüsse erstreckt, macht God Is A Music (mit einem etwas lauen Gastauftritt von Freundeskreis-Max) klar: „Lieber Herr oder Frau Musik / Ich möchte Ihnen von Herzen danken / Da sie irgendwann, irgendwie einmal das Allerderbste erfanden / (…) Und eines wusst ich schon als kleiner Kackzwerg / am wichtigsten sind die Erschaffer, wie die Beatles, die Meters und Kraftwerk.“ Doch nicht nur die Texte zeugen davon, auch die Sounds. Zwischen Gitarre und Querflöte ist alles drin.
Den würdigen Schlusspunkt setzt Kake is at the dampf, ein Quasi-Hörspiel, überbordend vor Kreativität und Wortwitz. Tatsächlich ein achteinhalb-Minuten-HipHop-Stück, das nicht langweilt. Das selbe gilt auch für das gesamte Album, in dessen Booklet sich die Beginner auf Public Enemy oder Beastie Boys gestylt ablichten lassen. So weit ist es noch nicht. Aber zu Fanta 4 und Fettes Brot haben sie mit Blast Action Heroes aufgeschlossen.
Das putzige Video zum famos-optimistischen Gustav Gans:
httpv://www.youtube.com/watch?v=mXLyS47OcvM