Künstler | Black Rebel Motorcycle Club | |
Album | Howl | |
Label | Pias | |
Erscheinungsjahr | 2005 | |
Bewertung |
Howl? Da war doch was? Genau: Allen Ginsberg. Vor ziemlich genau 50 Jahren schrieb der Beat-Poet dieses Gedicht. Drei lange Strophen, ein Mahlstrom, ein Aufschrei, ein Urknall.
Auf den inzwischen verstorbenen Dichter verweist der Black Rebel Motorcycle Club nicht zufällig. Die Texte seien auf dieser Platte viel wichtiger als bisher, betont Robert Levon Been, der früher Robert Turner hieß: „Ich würde mir wünschen, dass sich die Leute wieder an der Zeit orientieren, als Worte und Poesie und Schreiben noch wirklich etwas bedeutet haben. Das ist schon ’ne Weile her.“ Deshalb habe man versucht, den Geist der Beat-Generation, die Aufbruchstimmung der 1950er und 1960er Jahre auf dem neuen Album anklingen zu lassen.
Von den Jungs, die ihren Namen in einem Marlon-Brando-Film gefunden haben, als erste die alten Lederjacken der Ramones wieder schick machten und ihren Durchbruch zum guten Teil der Unterstützung einer ebenfalls nicht gerade innovationswütigen Band (Oasis) zu verdanken haben, nun also noch mehr Retro? Ja und nein. Denn Howl ist nichts anderes als die Neuerfindung des Black Rebel Motorcycle Club. Allerdings auf uralten Fundamenten.
Statt Punk-Optik, E-Gitarrenwänden und Jesus And Mary Chain heißen die neuen Koordinaten Blues, Country und Folk. Auch wenn der britische Drummer Nick Jago (das zwischenzeitige Verwürfnis war nicht der einzige Ärger, den die Band seit der letzten Platte hatte) wieder an Bord ist: Der BRMC ist nun durch und durch amerikanisch.
Wer noch grandiose Kracher wie Love Burns, Stop oder Whatever Happened To My Rock’N’Roll im Ohr hat, für den wird Howl zunächst ein Schock sein. Nicht tonnenschwer, sondern mit hörbarer Leichtigkeit geht es hier zu. So ganz unerwartet kommt der neue Sound des BRMC aber gar nicht: Auf dem Vorgänger deutete das zarte And I’m Aching schon an, wohin die Reise geht. Und auch bei ihren letzten Live-Auftritten holten Turner und Hayes immer öfter die Akustik-Gitarre raus.
Sie ist dann auch hier das dominierende Instrument. Dem Opener Shuffle Your Feet verleiht sie einen lässigen Schwung und Ain’t No Easy Way einen erstaunlichen Stomp. Dazu gibt es klassische Folk-Stücke, die Bob Dylan oder Bruce Springsteen gut stehen würden.
Der Rausschmeißer The Line und der Titelsong erinnern dagegen an Radiohead. Wie bei Ginsbergs Howl geht es ums Ankämpfen gegen den Untergang, gegen die Leere. „I just want to be one true thing that don’t fade / I don’t want to give up tomorrow“, heißt es, durchaus überzeugend. Überhaupt steht dem Trio die neue Tiefgründigkeit erstaunlich gut: War der BRMC früher cool as fuck, werden diesmal Schwächen und Blößen gezeigt. Die Sonnenbrille ist weg, der Blick geht direkt durch die Augen – in die Seele.
Am eindrucksvollsten gelingt das bei Promise, getragen vom Piano, elegisch, romantisch, mürrisch. Leonard Cohen wäre stolz auf so einen Song. Auf dessen Platte Death Of A Lady’s Man hat übrigens ein prominenter Gast im Hintergrund gesungen: ein gewisser Allen Ginsberg.
Alles versinkt im Rot: Eine rührende Live-Version von Promise aus Vancouver:
httpv://www.youtube.com/watch?v=SlWJjCT-f_k
3 Gedanken zu “Black Rebel Motorcycle Club – „Howl“”