Bloc Party – „A Weekend In The City“

Künstler Bloc Party

Bloc Party erfinden den intelligenten Stadionrock.
Album A Weekend In The City
Label Wichita
Erscheinungsjahr 2007
Bewertung

Ein Konzeptalbum. Das war beinahe zu erwarten gewesen. Schließlich bilden Bloc Party die Speerspitze der Bewegung, der man mangels eines treffenderen Begriffes das etwas undankbare Label vom „Art Rock“ angehaftet hat, bloß weil sie ein bisschen mehr können (und wagen) als drei Akkorde und 4/4-Takt. Schließlich gilt das Quartett als notorisch verkopft, als etwas zu höflich und ein bisschen zu humorlos für eine ordentliche Rockgruppe. Schließlich ist dies die Band, die vor zwei Jahren Silent Alarm vorgelegt hat, ein Monster von einem Debüt.

Kein anderes Album brachte den Sound des Jahres 2005 so auf den Punkt und schaffte es zudem, auch heute noch spannend und aktuell und tief zu klingen. Dass sich diese Jungs für ihr zweites Werk nicht mit mehr vom Selben zufrieden geben würden, war klar. Was sie nun mit A Weekend In The City vorlegen, ist dennoch eine Überraschung. Ein Schock.

Von einem Konzept will Sänger Kele Okereke zwar nichts wissen. „Das Wort ist mir ungeheuer, es ist schon so überfrachtet“, sagt er, räumt aber immerhin ein: „Es gibt rote Fäden, die sich durch die Songs ziehen.“ Es ist ein Album über London und die Terrorangst, über Jugendkultur und Rassismus, über die Leere der Moderne und die Möglichkeiten, sie zu füllen, über Feiern und den Kater danach. Es ist ein Album über 2007, das aber klingt wie eine Platte aus dem Jahr 2070. Denn Bloc Party sind nicht nur in ihren Texten noch ernsthafter geworden, sondern auch in ihrer Musik noch mutiger.

Mit dem Gesang werden hier unglaubliche Dinge angestellt, die Rhythmen sind so unkonventionell, dass man beinahe „Avantgarde“ dazu sagen muss. Gleich zu Beginn verstört der Song For Clay mit irren Taktwechseln. Hunting For Witches hat ein Gitarrenriff, das derart scharf und packend ist, dass Franz Ferdinand ihm ewig hinterherjagen werden, bis sie atemlos zusammenbrechen und sich plötzlich fragen, ob es das alles wert war, ob es das ist, warum es wirklich geht.

In The Prayer verlassen die Worte den Mund von Kele Okereke, als seien sie kurz vorher noch Nadeln in seiner Zunge gewesen. Uniform ist ein Abenteuer irgendwo zwischen den drei spinnerten B (David Bowie, Kate Bush und Matt Bellamy). Kreuzberg eröffnet gar die Möglichkeit für so etwas wie intelligenten Stadionrock.

A Weekend In The City ist ein Album, das unbedingt nicht dazugehören will. Das auf nichts und niemanden Rücksicht nimmt, auch nicht auf Zugänglichkeit und die alten Fans. Das Einzige, was hier zählt, ist der eigene Wille zur Kreativität. Bloc Party machen damit nicht nur deutlich, wie leichtgewichtig und oberflächlich die meisten ihrer Zeitgenossen ihr Metier betreiben. Das Ergebnis zeigt auch, welche Möglichkeiten noch immer in Rockmusik stecken, wie viel Hirn, Hingabe und vor allem Leidenschaft man in ein Lied packen kann. (He)art Rock.

Ein irrer Kontrast zwischen höchst komplexer Musik und höchst einfachem Video: der Clip zu Hunting For Witches:

httpv://www.youtube.com/watch?v=CmPNuruWMTA

Bloc Party bei MySpace.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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8 Gedanken zu “Bloc Party – „A Weekend In The City“

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