Cage The Elephant – „Thank You Happy Birthday“

Künstler Cage The Elephant

"Thank You Happy Birthday"? Jawohl, das klingt positiv.
„Thank You Happy Birthday“? Jawohl, das klingt positiv.
Album Thank You Happy Birthday
Label Canvasback
Erscheinungsjahr 2011
Bewertung

„Amerika, Du hast es besser“, hat Goethe einst behauptet. Das gilt, wenn man die Musikszene der Neuen Welt mit dem Geschehen in der Alten vergleicht, nach wie vor nur bedingt. Aber es trifft auf jeden Fall zu, wenn man die US-Charts von heute mit denen von einst vergleicht.

Vor ziemlich genau zehn Jahren wurden die US-Hitparaden noch reihenweise von schlimmen Peinlichkeiten geprägt. Das Grunge-Missverständnis Nickelback. Das alberne Krakele von Linkin Park. Und danach gleich scharenweise Psychosen-Rock von blassen Jungs, die gerade so die Buchstaben E, M und O in die richtige Reihenfolge bringen konnten.

Schaut man in diese Woche auf die Modern Rock Charts in den Staaten, da tummeln sich da zwar noch immer Linkin Park. Es gibt aber auch eine erstaunliche Vielfalt, die vom Country-Sound von Mumford & Sons über den Quasi-Blues der Black Keys, elegante Importe wie Florence & The Machine und den Bubblegum-Sound von Neon Trees bis zum Beinahe-Metal von Shinedown reicht.

Und vor allem gibt es Cage The Elephant, derzeit mit der Single Shake Me Down auf Platz 2. Das Quintett aus Kentucky ist zwar noch weit entfernt vom Etikett als „Retter des US-Rock“, wird aber vom Rolling Stone immerhin schon als „one of rock’s best young bands“ gefeiert. Zu Recht. Denn Cage The Elephant vereinen auf ihrem morgen erscheinenden zweiten Album Thank You Happy Birthday vieles von dem, was gerade spannend ist an Gitarrenmusik, ohne jemals auch nur in die Nähe des Verdachts zu kommen, offenkundig trendy oder modern sein zu wollen.

Besagte Single Shake Me Down erinnert mit ihrer feinen Dynamik und der etwas irren Tatsache, dass Drummer Jared Champion hier auf einem Spielzeugschlagzeug spielt, vage an die verschrobene Heiterkeit von Weezer – und ist bei weitem noch nicht das beste Lied auf Thank You Happy Birthday. Sänger Matt Shultz erzählt bereitwillig, dass er all die Teenage-Angst-Texte des Debüts inzwischen einigermaßen lächerlich findet. Diesmal habe man einen konstruktiveren, optimistischeren Ansatz gewählt. „Wir wollten einfach Musik machen, die wir lieben.“

Sein Gesang ist noch immer ein wenig gelallt – wenn Matt Shultz so spricht, wie er singt, dann muss er bei jeder Polizeikontrolle einen Atemtest machen, selbst wenn er auf die Fragen der Cops immer bloß „Yes, Sir“ antworten sollte. Die Drums sind hier völlig enthemmt und auch die Gitarren leben auf Thank You Happy Birthday eine für ein Top-2-Album erstaunliche Lust am Lärm aus.

Das Ergebnis klingt manchmal wirklich, als versuche jemand, einen Elefanten in einen viel zu kleinen Käfig zu zwängen (Always Something). Das krachige Aberdeen ist deutlich von den Pixies geprägt. Indy Kidz, ein netter Seitenhieb auf die Berechenbarkeit der Musikszene, hätten auch Nirvana zur Zeit von In Utero aufnehmen können; das thematisch ganz ähnlich gelagerte Sell Yourself ist aufgekratzter Punk.

Tatsächlich so wild, gefährlich und dreckig wie ein Säbelzahntiger kommt Sabertooth Tiger daher. Der Rausschmeißer Flow ist etwas gebremst, aber dennoch druckvoll wie die besten Momente der Kings Of Leon. Mit dem zarten Rubber Ball gönnen sich Cage The Elephant sogar eine Ballade.

Obendrauf gibt es gleich eine ganze Reihe von Krachern. 2024 ist packend, Right Before My Eyes hat eine enorme melodiöse Klasse wie die frühen Werke von Ash, Around My Head besitzt eine fast alberne Ausgelassenheit. Schon auf dem Debüt 2009, das immerhin drei Top-5-Singles abwarf, hatten Cage The Elephant bewiesen, dass sie Hits schreiben können. Nun zeigen sie, was sie seitdem alles gelernt haben. Das ist vielleicht nicht typisch amerikanisch. Aber auf jeden Fall: free and brave.

Cage The Elephant spielen Shake Me Down live in der Show von Jimmy Kimmel – diesmal mit einem echten Schlagzeug:

httpv://www.youtube.com/watch?v=FpCyi1vjHgw

Cage The Elephant bei MySpace.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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