Künstler | Chris Cornell | |
Album | Songbook | |
Label | Universal | |
Erscheinungsjahr | 2011 | |
Bewertung |
So etwas nennt man dann wohl Selbstüberschätzung. Unter dem Motto Songbook war Chris Cornell im Frühjahr unterwegs quer durch Amerika, nur mit seiner Stimme und Gitarre. Nun legt er einige der Konzertmitschnitte als Live-Album vor. Das mag auf dem Papier verlockend klingen. Aber sein Songbook ist ein Buch der Qualen.
Natürlich ist es nicht so, dass Chris Cornells Stimme nicht spektakulär genug wäre, um auch in einem ganz intimen Rahmen zu strahlen. „Manchmal erkennt man die tatsächliche Kraft einer Stimme erst, wenn man alles andere weglässt“, schrieben beispielsweise die New York Daily News über eine der Songbook-Shows von Chris Cornell. „Hier zeigte sich die gewaltige Kraft seines Gesangs, die Kontrolle, die er darüber hat, und auch sein einzigartiges Timbre.“
Keine Frage: Diese Stimme zählt zu den beeindruckendsten überhaupt im Rockgeschäft. Das Problem dabei ist nur: Chris Cornell hat nur eine Stimmlage. Er singt aus der Position des Leidenden, der sich wehrt gegen sein Leiden. Immer. Bei jedem gottverdammten Song. Und das kann, wenn wir von 16 gottverdammten Songs sprechen, die von nichts als einer akustischen Gitarre begleitet werden, eine verdammt lange Zeit sein.
As Hope And Promise Fade ist zum Auftakt noch angenehm, auch beim folgenden Sear On The Sky schätzt man noch, mit wie viel Verve und Eifer sich der 47-Jährige in diese Lieder wirft – wenn er auf Songbook besonders intensiv, hoch oder auch bloß laut leidet, dann gibt es aus dem Publikum auch im weiteren Verlauf gerne Szenenapplaus. Bei Call Me A Dog fängt das immergleiche Klanggewand aber an, zu langweilen. In Ground Zero wird die dumme Anmoderation nur noch von dem schwachen Song übertroffen, und spätestens dann sehnt man ein Schlagzeug (oder wenigstens ein Tamburin) und ein Mindestmaß an Abwechslung herbei.
Mit dem Led-Zeppelin-Cover Thank You gibt es die dann zumindest in puncto Autorenschaft, doch auch dieser Song wird umgehend eingenordet im Songbook-Einerlei. Spätestens beim folgenden Cleaning My Gun, der einzig neuen Komposition des Albums, ist diese Platte vollends nervtötend. Selbst Black Hole Sun kann aus diesem Urschleim aus Hybris, Muckertum und Rechtschaffenheit nicht mehr emporsteigen, das Cover von John Lennons Imagine kommt kurz vor Schluss sogar einem Verbrechen gleich. Als der Rausschmeißer The Keeper dann wenigstens leicht verschobene Klang-Koordinaten und einen starken Song bietet, ist es längst zu spät, um Chris Cornell noch mit Wohlwollen oder wenigstens voller Aufmerksamkeit zu begegnen.
Songbook krankt dabei keineswegs in erster Linie am immergleichen Gesangsstil. Bob Dylan, Leonard Cohen oder meinetwegen Johnny Cash variier(t)en ihre Stimme während eines Konzerts auch nicht sonderlich. Aber Chris Cornell hat (im Gegensatz zu den Vorgenannten) schlicht und ergreifend nicht genug Songs, die stark genug sind, um auch in solcher Kargheit noch zu glänzen.
Zwölf Alben hat Chris Cornell mit diversen Projekten bisher veröffentlicht. Songbook macht aber klar: Bei Temple Of The Dog und Soundgarden hatte er eine ganze Bewegung (Grunge) hinter sich, um die Songs bedeutend klingen zu lassen. Bei Audioslave hatte er einige der besten Rockmusiker überhaupt um sich geschart (drei Viertel von Rage Against The Machine), um packend und relevant klingen zu können. Nimmt man all das weg, bleibt erschreckend wenig.
Schrammel, schrammel, Song kaputt: Chris Cornell zerknödelt Imagine:
httpv://www.youtube.com/watch?v=VuUmO8HJRLg