Künstler | Cloud Nothings | |
Album | Cloud Nothings | |
Label | Wichita | |
Erscheinungsjahr | 2011 | |
Bewertung |
Ich komme gerade aus dem Fitness-Studio. Und ich hatte die ganze Zeit Angst. Denn schon am Beginn des kleinen Trainingsprogramms war die Akku-Anzeige meines iPods weit im roten Bereich. Und so musste ich permanent fürchten, dass im Kopfhörer plötzlich ähnliche Stille herrscht wie bei Husni Mubaraks Gartenfest.
Dabei wollte ich doch so gerne Cloud Nothings hören. Nicht nur, weil Fitness-Studio ohne Musik noch ein bisschen idiotischer ist. Sondern vor allem, weil es eine dieser Platten ist, die so viel Spaß machen, dass man wünscht, sie wären nie zu Ende.
Cloud Nothings, die eigentlich nur aus Sänger Dylan Baldi bestehen, der auf diesem Debütalbum alle Instrumente selbst eingespielt hat, setzen dabei auf ein altbewährtes Konzept: Das Tempo und die Energie des Punk, kombiniert mit der Melodie- und Harmonieseligkeit des Pop. Die Ramones haben schon gezeigt, wie gut das zusammenpasst, lange bevor Dylan Baldi überhaupt geboren war. Brainpool und die frühen Libertines haben dann später Maßstäbe in diesem Metier gesetzt, unlängst haben die Pigeon Detectives oder die Wombats mit genau diesem Sound für eine Menge froher Gesichter auf einer Menge Tanzflächen gesorgt.
Auch Cloud Nothings macht in dieser Hinsicht fast alles richtig. Quasi jedes Lied hier könnte das erste auf dem Album sein, als Schlachtruf gelten und als Ausrufezeichen. Alles wird in halsbrecherischer Geschwindigkeit gespielt. Ein Lied heißt tatsächlich schlicht Rock. Und natürlich gibt es keine Balladen.
Dazu kommt Dylan Baldis Stimme, irgendwo zwischen Johnny Rotten und Craig Nicholls von den Vines. Und die Fähigkeit, auch in den Texten eine wirkungsvolle, aber niemals plumpe Entsprechung für so viel pubertäres Aufbegehren zu schaffen: Cloud Nothings steht für Nichteinverstandensein. Deshalb wimmelt es hier an Verneinungen: I don’t understand it all. You’re not that important. Nothing’s working. You’re not that good at anything.
Einziges Defizit der Platte ist der Sound. Ein bisschen mehr Brillanz hätten den Songs hier noch mehr Wirkung verleihen können, stattdessen bleibt alles recht dumpf und vor allem das Schlagzeug klingt, als sei es mit einem alten Kassettenrekorder aufgenommen und nicht im berühmten Copycat Building in Baltimore. Allerdings nennt das Presse-Info zu Cloud Nothings so oft das Wort „lo-fi“, dass man womöglich davon ausgehen muss, die fehlende Politur sei Absicht.
In jedem Fall hat Cloud Nothings genug tolle Riffs und noch tollere Refrains, um locker darüber hinweg zu trösten. Bestes Beispiel ist Nothing’s Wrong mit einem Stotter-Refrain, einer Chuck-Berry-Gitarre und einer Stimme, die noch nie in ihrem Leben woanders gewesen zu sein scheint als am Strand.
Nach 11 Liedern und 28 Minuten ist leider schon alles vorbei. Aber man kann Cloud Nothings ja dann einfach noch einmal hören. Wenn der Akku hält.
Ein Frühwerk von Cloud Nothings: Auch bei Hey Cool Kid steckt offensichtlich mehr Geld im Video als im Sound:
httpv://www.youtube.com/watch?v=KV3gGEC6aNY