Künstler | Concrete Knives |
Album | Be Your Own King |
Label | Bella Union |
Erscheinungsjahr | 2013 |
Bewertung | ***1/2 |
„Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will.“
Jean-Jacques Rousseau
Nicolas Delahaye, Morgane Colas, Adrien Lepetre, Augustin Hauville und Guillaume Aubertin scheinen dieses Zitat schon lange zu kennen und gut verstanden zu haben. Sie sind schließlich Landsleute von Monsieur Rousseau. Und sie sind Concrete Knives. Das Quintett aus der Normandie hat mit Be Your Own King gerade sein erstes Album vorgelegt. Das Debüt unterstreicht mit jedem Ton, wie viel Wert die Concrete Knives auf Unabhängigkeit legen. Und es zeigt, worauf sie keine Lust haben: Berechenbarkeit, Konventionen, Langeweile.
„Be Your Own King is much more than just an album title, it’s a philosophy. It’s an attitude, a call to arms, an instruction to confront the world in your own way, to realise your ambitions, and to have the time of your life while doing so”, umschreibt das Presse-Info den Ansatz der Band, und tatsächlich findet sich diese Mentalität in jedem der zehn Songs wieder. Sängerin Morgane Colas bringt das Credo der Concrete Knives noch klarer auf den Punkt. Ziel der Band sei es, „to let ourselves be amazed by music, our own and that of others. To travel the world, creating special relationships along the way. And to keep hoping.”
Passend dazu wird das Album von Bornholmer eröffnet, mit angriffslustigem Schlagzeug, einem guten Gitarrenriff und einem beinahe kindlich-naiven Gesang (You Can’t Blame Youth heißt übrigens eine frühe EP der Band), der nicht so sehr den Text transportiert, sondern in erster Linie die Freude am Singen an sich vermittelt. Dieser Chorgesang taucht auf diesem Album immer wieder auf, und er ist so etwas wie die einleuchtendste Verkörperung des Kollektiv-Prinzips, das bei den Concrete Knives regiert.
Auch Happy Mondays ist gewinnend und mitreißend, aber nicht mit dem Vorschlaghammer, sondern auf sehr elegante Art. Vor allem im euphorischen Refrain tritt hier die verspielte Leichtigkeit und Pop-Klasse zutage, die man auch an den Shout Out Louds schätzt. In Greyhound Racing ist das Riff durchaus heavy und der Beat sehr bestimmt, trotzdem bleibt alles leicht und lebensfroh wie bei CSS oder Those Dancing Days.
Allo Darlin’, Friends oder You Say France & I Whistle sind weitere passende Bezugspunkte. Concrete Knives haben aber niemals Lust, sich auf eine gut funktionierende Indie-Hitformel beschränken zu lassen. Aus einem fantasievollen Bass und stoischen Percussions entsteht im ausgelassenen Brand New Start ein dezent afrikanisches Flair. Wallpaper entwickelt mit seinem verlorenen Klavier eine schöne, zurückhaltende Atmosphäre, in der vor allem die Gitarre lange, leicht bedrohliche Schatten wirft. Africanize setzt auf einen spannenden Gitarreneffekt, um den herum sich dann ein ziemlich komplexer Song entwickelt. Es geht um das Erleben von Trostlosigkeit, aber natürlich auch um die Weigerung, sie hinzunehmen.
Der Refrain des packenden Wild Gunman besteht nur aus „Ohoho“, die Strophe dazu ist die pure Entschlossenheit. Mit dem Rollerboogie gibt es sogar ein heiteres Instrumental. Spontaneität ist bei den Concrete Knives das wichtigste Prinzip, und Nicolas Delahaye, der als so etwas wie das musikalische Mastermind des Quintetts gelten kann, lässt jeden Song ganz aus sich selbst heraus entstehen, wie losgelöst vom Rest des Oeuvres der Band. Das leicht gebremste Truth ist mit seiner reizvollen Entspanntheit das beste Beispiel für diese Experimentierfreude. Famoserweise ist Be Your Own King dennoch eine runde Sache.
Am Schluss des Albums, in der fein verschachtelten Ballade Blessed, klingt dann selbst die Zeile „I’ve got a broken heart“, als werde sie zelebriert und genossen. Weil auch Liebeskummer, betrachtet durch die Brille der Concrete Knives, gefeiert werden sollte: als eine Erfahrung, ein Gefühl, ein intensives Erleben der eigenen Lebendigkeit.
Wenn sie endlich mal anfangen, sind die Concrete Knives auch live ein ziemlicher Spaß, wie Greyhound beweist:
httpv://www.youtube.com/watch?v=bK95xQozvF4