Künstler | Cymbals Eat Guitars |
Album | Lenses Alien |
Label | Memphis Industries |
Erscheinungsjahr | 2011 |
Bewertung | *** |
Nirvana könnten nicht lebendiger sein, wenn Kurt Cobain jede Woche eine neue Filiale von Activision mit einer feierlichen Feuerwerk-Version von Bon Jovis You Give Love A Bad Name eröffnen würde. Um das zu erkennen, braucht es nicht all die Deluxe-Ausgaben, Titelseiten und Tribut-Alben, die gerade anlässlich des 20. Jubiläums von Nevermind auf uns herabregnen. Es braucht nur Lenses Alien, das am Freitag erscheinende zweite Album von Cymbals Eat Guitars.
Das Quartett aus Staten Island hatte schon mit dem Debüt Why There Are Mountains reichlich Kritikerlob eingefahren. Nun klingen Frontmann Joseph D’Agostino und seine Mitstreiter noch reifer, rechtschaffener, rustikaler. Spätestens bei Plainclothes, dem vierten Stück, das mit seiner Sperrigkeit und seinen vielen Tempowechseln definitiv auch Kurt Cobain gefallen hätte, bekommt man ein schlechtes Gewissen, wenn man diese Platte nicht in einem Holzfällerhemd hört.
Noch mehr erinnert an Nirvana: Da ist das Schnippische, das etwa im Namen der Band zum Ausdruck kommt (der einem Zitat von Lou Reed entnommen ist, der damit den Sound von The Velvet Underground beschreiben wollte). Da sind die Umbesetzungen zwischen dem ersten und zweiten Album (Keyboarder Dan Baer und Bassist Neil Berrenholz haben Cymbals Eat Guitars verlassen und wurden durch Brian Hamilton und Matthew Whipple ersetzt). Da ist das ultra-coole Label, fast berstend vor Independent-Ethos (Memphis Industries). Und da ist vor allem diese Mischung aus bösartiger Freude am Lärm und einer zärtlichen Zuneigung zur Melodie, die auf Lenses Alien immer wieder zum Ausdruck kommt.
Mit genau diesem Rezept überbrückt der Opener Rifle Eyesight (Proper Name) problemos achteinhalb Minuten. Es ist nicht der einzige Song auf Lenses Alien, den man sich auf gut auf In Utero hätte vorstellen können. Shore Points ist eigentlich ein süßes Lied, aber mit einer Ahnung von Gefahr. Das knappe The Current wird mit reichlich Effekten auf Gitarre und Gesang dezent psychedelisch.
Wenn Cymbals Eat Guitars ein bisschen kompakter werden oder sich gar ansatzweise an Plakativem versuchen, dann stehen unüberhörbar Pavement Pate (Wavelengths). Auch wegen der Stimme von Jonathan D’Agostino muss man zudem immer wieder an Nada Surf denken (Keep Me Waiting, Definite Darkness): Wenn die eines Tages beschließen sollten, dass sie künftig nicht mehr bezaubern wollen, sondern lieber beeindrucken, dann käme so etwas heraus wie Lenses Alien.
Cymbals Eat Guitars sind im Januar bei drei Konzerten live in Deutschland zu erleben:
12. Januar – MTC (Köln)
13. Januar – Privatclub (Berlin)
15. Januar – Molotow (Hamburg)
Ich sag es doch: Hemden. Karos. Cymbals Eat Guitars spielen Plainclothes live in, jaja, Seattle:
httpv://www.youtube.com/watch?v=m5Xh4dc1ZqQ