Künstler | David Lowery |
Album | The Palace Guards |
Label | Blue Rose |
Erscheinungsjahr | 2011 |
Bewertung | *** |
“I was thinking about my favourite underground music icon”, singt David Lowery in Big Life, dem vorletzten Lied auf The Palace Guards. Dem wohnt eine womöglich nicht ganz unfreiwillige Ironie inne. Denn wenn sie in ihrem Gedächtnis nach ihrem liebsten Indie-Helden aller Zeiten stöbern, dann werden viele Musikfans als Antwort just seinen Namen nennen: David Lowery.
Im stattlichen Alter von 50 Jahren veröffentlicht er mit The Palace Guards zwar übermorgen erst sein Debütalbum als Solist. Aber natürlich ist er längst eine Institution im Reich, in dem sich Americana und Alternative treffen. Mit Camper Van Beethoven (Take The Skinheads Bowling) und Cracker (Eurotrash Girl) hat er Maßstäbe in diesem Metier gesetzt. Nun nimmt er sich die Freiheit, unter eigenem Namen ein paar Lieder unters Volk zu bringen, die im Laufe der letzten sieben Jahre entstanden sind.
Ein echtes Soloalbum ist The Palace Guards freilich nicht. Lowery hat in seinem eigenen Studio aufgenommen, und allerlei Stammpersonal aus eben jenem Sound Of Music Studio in Richmond, Virginia ist mit von der Partie. „I’ve been working with these guys for more than 17 years, and without them, this record (and many Cracker and Camper van Beethoven songs) would never have seen the light of the day“, betont Lowery in den sehr charmanten Liner Notes.
Auf dem bereits erwähnten, vergleichsweise opulenten Big Life hat Mark Linkous von Sparklehorse, der sich wenig später das Leben nahm, einen seiner letzten Auftritte. Mit Bassist Sal Madia und Gitarrist Johnny Hickman sind auch zwei Mitstreiter von Cracker dabei.
Auch musikalisch ist Lowerys Solowerk nicht allzu weit vom Schaffen mit der Band entfernt. Am deutlichsten wird das bei Ah, You Left Me, das durch dieselbe Soundlandschaft wandert, die Lowery einst für The Golden Age entworfen hatte. Das extrem entspannte Marigold mit leichten Texmex-Anflügen hätte auch gut auf das Cover-Album Countrysides gepasst, auch beim Opener Raise ‚Em Up On Honey mit Banjo und Mundharmonika sowie dem streng-folkigen I Sold The Arabs The Moon ist dieser Traditionsstrang unverkennbar: Die Sehnsucht, die Lowery fühlt, ist hier mindestens so tief wie der Grand Canyon.
In Deep Oblivion singt Lowery wunderbar träge, untröstlich und unschudlig wie immer und gönnt sich zudem eine Kinderportion Psychedelik. Im wuchtigen Baby, All Those Girls Meant Nothing To Me, so etwas wie der Mini-Hit der Platte, klingt er reumütig, ohne jedoch den Lothario in sich voll und ganz verleugnen zu wollen.
The Palace Guards hat hingegen all die Stärken, die auch den späten Frank Black auszeichnen (noch so eine in Würde gealterter Untergrund-Ikone): Das Lied ist verspielt und cool, voller Experimentierfreude und ohne die geringste Rücksicht auf Song-Konventionen. Zum Titeltrack wurde der Song schlicht, weil The Palace Guards David Lowerys Lieblingsstück auf der Platte ist, erklärt er. Diese Lässigkeit ist es, die ihn ausmacht – und die er auch als Solist nicht verloren hat.
Ob David Lowery mittlerweile wohl doch Staub angesetzt hat? Das Video zu All Those Girls Meant Nothing To Me lässt es fast vermuten: