Hingehört: Dobie – „We Will Not Harm You“

HipHop ohne Rap - so kann man das Rezept von Dobie verstehen.
HipHop ohne Rap – so kann man das Rezept von Dobie verstehen.
Künstler Dobie
Album We Will Not Harm You
Label Big Dada
Erscheinungsjahr 2013
Bewertung ***

Bass und Kunst. HipHop und Instrumentals. Elektronik und Seele. Es gibt eine Menge Begriffe, die (zumindest auf den ersten Blick) nicht zusammen passen, wenn man sich mit dem Werk von Dobie beschäftigt. Doch We Will Not Harm You, sein Anfang des Monats erschienenes zweites Album, löst die meisten dieser Widersprüche auf.

Dass Dobie im Presseinfo noch immer als „a hidden legend of underground British bass music“ bezeichnet wird und nicht längst den Schritt ins Rampenlicht gemacht hat, liegt jedenfalls nicht an der Qualität seiner Musik. Schon eher könnte sein überschaubares Arbeitstempo die Ursache sein: Schon in den 1980er Jahren begann die Aktivität von Dobie in Englands Musikszene, aber (nach der Zusammenarbeit unter anderem mit Soul II Soul, Massive Attack oder Björk) erst 1997 erschien sein Debütalbum The Sound Of One Hand Clapping. Jetzt, stattliche 16 Jahre später, gibt es einen Nachfolger.

Die größte Stärke von We Will Not Harm You ist die Ernsthaftigkeit, mit der Dobie zu Werke geht. Niemals ist er bloß auf Effekt aus, sondern immer auf Substanz. Wie sehr diese Platte als Kunst gemeint ist, unterstreicht nicht zuletzt das Albumcover, gestaltet von Turner-Preisträger Chris Ofili.

Wie vielfältig man auch ganz ohne Gesang oder Rap einen Begriff wie „UK Bass“ interpretieren kann, ist hier schon nach wenigen Momenten klar. The Beginning (man ahnt es: der erste Track des Albums) hat einen Bass, der nicht nur wuchtig ist, sondern massiv, markerschütternd. Dazu gibt es ein erstes kleines Stimmsample („We will not harm you“, sagt da jemand). Auch danach kommen gelegentlich Stimmen zum Einsatz, wie im spannungsgeladenen, leicht jazzigen The Chant. Aber sie tragen fast immer bloß Geräusche zum Sound von Dobie bei, keine Wörter.

Blip 124 ist ein pulsierender, nervöser Track irgendwo zwischen Techno und House. Das abenteuerlustige Stan Lee Is A Hero Of Mine setzt auf federnde Breakbeats, Percussions und eine Keyboard-Fanfare. Irgendetwas, das womöglich ein verfremdetes Blechblasinstrument ist, dominiert in Magenta. Viel Punch im Stile der Chemical Brothers zeichnet Snap, Crackle & Pop aus, eine gute Dramaturgie trägt On The Corner Of Ridley Road, am Ende macht sich in She Wiggles When She Walks dafür TripHop-Atmosphäre breit.

Then I Woke Up geht annähernd fließend in die feine Single She Moans über. Beide Tracks zeigen gut, wie Dobie seine Musik konzipiert, die man wohl gerne als Klanggemälde begreifen darf: Eine Orgel, eine kurze Passage mit monströser E-Gitarre, ein Klavier und Bongos sind dabei die Zutaten. Auch Somewhere Over There und Crunch Factor No. 5 sind eine spannende Paarung: Ersteres ist luftig und beinahe loungig, Letzteres lässt am deutlichsten die HipHop-Prägung von Dobie erkennen.

Alles in allem enthält We Will Not Harm You genug, um einen feinen Elektro-Abend nicht im Club, sondern auf dem Sofa zu erleben und dabei immer wieder Neues zu entdecken – auch wenn die Spannung vielleicht nicht ganz bis 2031 reicht, wenn angesichts seines Arbeitstempos das nächste Album von Dobie zu erwarten sein dürfte.

Ein ganz kurzes Makig Of von We Will Not Harm You:

httpv://www.youtube.com/watch?v=Zv2JYBgNbmw

Dobie bei Twitter.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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