Künstler | Everlast |
Album | Songs Of The Ungrateful Living |
Label | Long Branch Records |
Erscheinungsjahr | 2012 |
Bewertung | **1/2 |
Ein bisschen witzig ist das durchaus: Seinen, trotz insgesamt drei Nominierungen, bisher einzigen Grammy hat Everlast im Jahr 2000 erhalten, in der Kategorie „Best Rock Performance“. Dabei hat seine Musik von jeher wenig mit Rock zu tun. Vielmehr vereint Everlast, auch auf seinem sechsten Album Songs Of The Ungrateful Living, zwei Genres, die auf den ersten Blick keinerlei Berührungspunkte haben: Rap und Country.
Rap, das ist schwarze, urbane, subversive, rebellische Musik. Country hingegen ist weiß und ländlich, wird oft für konservativ und gemütlich gehalten. Everlast führt sie trotzdem zusammen. Er ist der Redneck in Harlem, oder eben der Gangsta in Alabama.
Songs Of The Ungrateful Living ist ein solides Album, das zu einem guten Teil davon lebt, wie treffsicher der Mann, der eigentlich Erik Francis Schrody heißt, die Schnittmengen von HipHop und Country findet.
Beide Genres sind so plakativ wie Little Miss America, in dem die Stimme von Everlast so verbraucht klingt wie die von Tom Waits, die Musik dazu aber so rosarot gerät, dass sie von Pink sein könnte. „She’s gonna write a movie / she’s gonna be a star / Little Miss America / where did you get that scar”, heißt hier der Slogan. Zwei Lieder später kommt in Friday The 13th noch so ein Spruch, der wie eine Boulevard-Schlagzeile klingt: “God is real / but religions are just one big lie”.
In beiden Genres wird gerne geflucht, beide sind ein gutes Vehikel für unterschwellige Aggressivität wie sie in Even God Don’t Know steckt, beide sind schlecht gelaunt und gottesfürchtig wie Final Trumpet und beide haben den Blues als Keimzelle wie der Bonus Track Black Coffee.
Mit dem Sam-Cooke-Cover A Change Is Gonna Come wagt sich Everlast an eine Hymne der Bürgerrechtsbewegung, auf der anderen Seite eifert er mit dem rabiaten Everyone Respects The Gun dem denkbar europäischen Hardrocksound von Led Zeppelin nach. Manchmal ist Everlast auch so entspannt wie in I’ll Be There For You, dessen coole Atmosphäre an OMC und How Bizarre erinnert, und das kein bisschen Wert darauf legt, subtil zu sein.
The Rain ist satter, von nichts getrübter HipHop, den Everlast auch mit House Of Pain hätte fabrizieren können. Gone For Good ist nahe am Stile seines Welthits What It’s Like, mit einem HipHop-Beat, dem Ethos eines harten Arbeiters und Anspielungen von Neil Young bis Elvis. Deutlich größer ist auf Songs Of The Ungrateful Living aber der Anteil der weißen Elemente: Der Opener Long At All klingt mit Steel Guitar und extrem ruhiger Herangehensweise eher wie ein Raussschmeißer. Long Time ist beinahe klassischer Southern Rock, der auch Kid Rock oder den Eagles gefallen dürfte. An das Riff von Oasis‘ Whatever erinnert die Gitarre in Sixty-Five Roses, und die Stimme von Everlast ist in diesem Track mehr als nur ein bisschen Johnny Cash.
„I basically said fuck the rules and took everything I’ve ever liked in my life and threw it all together like one big bowl of soup“, umschrieb Everlast schon 1998 im Rolling Stone seine Arbeitsweise. Seitdem hat sich wenig daran geändert, und das ist nach wie vor ein kurzweiliger, spannender Mix – mittlerweile ergänzt um eine ganze Menge altersweiser Souveränität.
Haha! Das Video zur Single I Get By ist schwarz-weiß:
httpv://www.youtube.com/watch?v=07q24m_LzRk