Hingehört: Fergie – „The Dutchess“

„The Dutchess“ zeigt, wie gerne Fergie auf den Pop-Thron möchte.
Künstler Fergie
Album The Dutchess
Label A&M
Erscheinungsjahr 2006
Bewertung **1/2

Eine Krone trägt Fergie auf der Rückseite ihres ersten Soloalbums The Dutchess. Die Königin des Mädchen-Pops ist sie trotz 20 Millionen verkaufter Alben und knapp 1000 Konzerten mit den Black Eyed Peas zwar noch nicht. Doch den Titel einer Herzogin darf sie wohl schon für sich beanspruchen.

Und die Dame, die eigentlich Stacy Ferguson heißt, gibt sich hier reichlich Mühe, dem Thron noch ein wenig näher zu kommen. Clumsy hat ihr Bandkollege Will.I.Am enorm fantasievoll produziert. Ein Little-Richard-Sample, ein Elektro-Beat und Fergies entzückender Gesang spielen hier ganz wunderbar miteinander. Die Single London Bridge ist mit Monster-Bass und irren Bläsern ebenso brachial wie subtil.

Glamorous (mit einem starken Gast-Auftritt von Ludacris) ist perfekt arrangiert, so zuckersüß und faszinierend träge wie Sirup. Big Girls Don’t Cry hat einen famos übertriebenen Pop-Refrain. Der effektvolle Rausschmeißer Finally spielt mit Musical-Elementen und Streichern.

Trotzdem enttäuscht The Dutchess. Das liegt nicht daran, dass man bei „Sängerin einer Hip-Hop-Supergroup legt erstes Soloalbum vor“ automatisch Lauryn Hill als Maßstab nimmt, der Fergie bei weitem nicht das Wasser reichen kann. Auch nicht daran, dass Here I Come sich grausam am Temptations-Klassiker Get Ready vergeht, Mary Jane Shoes ein völlig unmotivierter Reggae-Versuch ist und das von Lionel Richie mitgeschriebene All That I Got an Seichtigkeit kaum zu überbieten ist.

Es liegt daran, dass überhaupt nicht deutlich wird, warum Fergie diese Lieder gemacht hat, und warum irgendjemand sie brauchen sollte. Eine weitere Party-Platte hätte sie auch mit den Black Eyed Peas vorlegen können. Und so etwas wie Persönlichkeit wird hier nirgends erkennbar. All dies könnte genauso gut von X-Tina, Gwen Stefani, Pink oder Anastacia stammen.

Sucht man in der Stimme nach etwas Eigenem, kommt man zu der erschreckenden Einsicht, dass auch jeder Recall-Teilnehmer von Deutschland sucht den Superstar diese Lieder hätte singen können. Und sucht man in den Texten, findet sich dort allenfalls eine noch erschreckendere, materialistische und oberflächliche Selbstbeweihräucherung.

Dass sie F-E-R-G-I-E ist, buchstabiert die Herzogin hier einige Male, und das scheint auch schon die einzige Botschaft zu sein. Doch dazwischen ist: N-I-C-H-T-S.

Dieser Clip ist weit entfernt von der Champions League der Comedy, beweist aber trotzdem mehr Kreativität als Fergie auf ihrem gesamten Album: Aus Glamorous wird Hillbilly:

httpv://www.youtube.com/watch?v=NZyetWc7mKw

Fergie bei MySpace.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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