Künstler | Friends | |
Album | Manifest! | |
Label | Lucky Number | |
Erscheinungsjahr | 2012 | |
Bewertung |
Die Entstehung von Manifest!, dem Debütalbum von Friends, haben wir Cimex Lectularius zu verdanken. Er ist nachtaktiv, überträgt gelegentlich gefährliche Krankheiten und wird im Allgemeinen als Parasit betrachtet. Auch wenn diese Eigenschaften auf manchen in der Musikindustrie ebenfalls zutreffen, ist Cimex Lectularius trotzdem kein Super-Produzent. Sondern die Gattungsbezeichnung für die Bettwanze.
Genau die führte das Quintett aus Brooklyn zusammen. Sängerin Samantha Urbani schrieb schon ein paar Songs, wenn sie sich an der Uni langweilte. Die besten ihrer Ideen schickte sie an ihren Kumpel Matthew Molnar, dann kam Nikki Shapiro als gemeinsame Bekannte dazu und es fehlte praktisch nur noch eine Rhythmussektion zu einer richtigen Band. Genau in diesem Moment irgendwann im Jahr 2010 klingelten plötzlich Lesley Mann (Bass) und Oliver Duncan (Schlagzeug) an der Tür: Die beiden mussten ihre WG verlassen, weil die von einer Bettwanzenplage heimgesucht wurde. Das war die Geburtsstunde von Friends.
Ähnlich spontan und turbulent geht es auch auf Manifest! zu. „The album’s like a mixtape, you know? That’s a cool way to explain it. It’s like us saying: ‚We like all these different things and they feel like they kind of fit together'“, erklärt Samantha Urbani im Interview mit dem Guardian die Philosophie des Quintetts. Die Bandbreite reicht von Funk und Latin-Sounds über HipHop bis hin zu düsteren Electro-Elementen.
Friend Crush, eine von zwei Vorab-Singles, die Friends jede Menge Aufmerksamkeit beschert haben, hat am Beginn nur einen Beat, dann ein Spielzeug-Keyboard und auch sonst einen leicht infantilen Charme wie beispielsweise Those Dancing Days. Die zentrale Zeile „I wanna be your friend“ könnte ebenfalls direkt aus dem Kinderzimmer kommen.
Das ist eine typische Herangehensweise für Manifest! Es braucht hier meist nicht viel, um einen tollen Pop-Moment zu kreieren. A Thing Like This ist sommerlich, sexy, gut gelaunt und reduziert wie die meisten dieser Stücke. Home wird eine höchst effektive Kombination aus markantem Bass, unwiderstehlichem Tamburin und wildgewordenen Bongos. Nelly Furtado wäre stolz auf so einen Track. I’m His Girl (eine weitere Vorab-Single) erinnert ein bisschen an Gwen Stefanis Hollaback Girl, und kurz vor Schluss lässt Va Fan Gör Du an die Ausgelassenheit von CSS denken.
Mit Chart-Appeal hat Manifest! trotzdem nicht viel am Hut, dafür ist die Platte viel zu sehr dem Geist verpflichtet, dass man als Künstler einfach machen sollte, wonach einem gerade der Sinn steht. „If we wanted to, we could make a really polished pop record, easily. But we like the sound of it being a little rougher, a little more organic, because that sounds like what we’re doing naturally,“ unterstreicht auch Samantha Urbani dieses Credo. Friends feiern auf Manifest! den unbeschwerten Spaß ebenso wie eine anarchische Furchtlosigkeit.
Sorry ist ein gutes Beispiel dafür, das mit hoher Stimme, einer prominenten Orgel und einem knackigen Beat ein bisschen wirkt, als hätten sich The Rapture und Saint Etienne vereint, und am Ende einem akustischen Karneval gleichkommt. Ruins muss man sogar experimentell nennen mit seiner schrägen Gitarre, dem fiesen Bass und den zügellosen Toms. Ideas On Ghosts klingt wie ein Vorkämpfer für das Recht aller Club-Tracks dieser Welt, auch einmal betrübt sein zu dürfen.
Am Ende steht die dritte Single: Mind Control wurde gemixt von Paul Epworth (den Rest des Albums haben Friends komplett in Eigenregie in Brooklyn aufgenommen) und klingt wie Space-Funk, wenn sich Kylie jemals an diesem Genre versuchen sollte. Man könnte auch sagen: So eingängig und dezent hinterhältig wie der Biss einer Bettwanze.
Im Video zu I’m His Girl präsentieren Friends unter anderem den mickrigsten Ghettoblaster der Welt:
httpv://www.youtube.com/watch?v=O5VNumNJyqE