Künstler | Hooded Fang | |
Album | Gravez | |
Label | Full Time Hobby | |
Erscheinungsjahr | 2013 | |
Bewertung |
Wenn als Referenzpunkt für eine Band die Beach Boys genannt werden, dann kann das im besten Falle bedeuten: meisterhafter Pop, traumhaft gesungen, mit der Sonne im Herzen. Im schlechtesten Fall bedeutet es: viel Schubidu. Wenn als Referenzpunkt für eine Band „Garage Punk“ genannt wird, dann kann das im besten Falle bedeuten: Power, Rotz und Lederjacken. Im schlechtesten Fall bedeutet es: Lärm.
Die altehrwürdige Times beschreibt die Musik von Hooded Fang als “the perfect Sixties pop of the Beach Boys with the raw edge of garage punk”. Sie liegt damit gar nicht Mal so weit daneben. Und erfreulicherweise bietet Gravez, das dritte Album der Kanadier, die jeweils positiven Elemente, an die man bei dieser Umschreibung denken muss.
Gravez (“It’s not called Gravez for any real reason but may refer to the impending lurk of death. Some of it is about instances in life, some of it general imagery, or nonsense”, nichterklärt Sänger Dan Lee den Albumtitel) ist in erster Linie vom Leben auf Tour inspiriert. Das bedeutet nicht, dass es hier massenhaft Lieder gibt über Hotelzimmer, Raststättentoiletten und die besten Tricks, um Schlagzeugsoundchecks zu überstehen. Vielmehr haben Hooded Fang bei den Konzertreisen seit ihrer Gründung 2007 und erst recht nach dem beachtlichen Erfolg des Vorgängers Tosta Mista reichlich Unwirkliches erlebt. Und das spiegelt sich nun in den Liedern wider. “We’ve been to the moon and back. There were really amazing times and really rough times… like any journey to the moon. We ate crocodile balls, slept on floors and couches, watched TV and movies, and looked out the window in between. All this steady instability must have influenced Gravez”, sagt Bassistin April Aliermo.
Ihr Instrument ist das prägende Element auf Gravez. In Graves (jawollo, mit S) scheint sie Whole Lotta Love im Sinn zu haben, auch das Schlagzeug geht sofort zum Frontalangriff über. Der Gesang von Dan Lee, immer wieder als Call-and-Response eingesetzt, ist im Vergleich dazu fast niedlich. Die schönen Fantasien von den Beach Boys in der Garage werden hier durchaus Realität.
Das spacige Ode To Subterrania klingt, als hätten sich die Byrds als Velvet Underground verkleidet. Sailor Bull könnte die Musik sein, die im Kopf von Kurt Cobain herumspukte (er mochte ja bekanntermaßen Niedlichkeiten wie Seasons In The Sun ebenso wie Brachiales à la Melvins), bevor dort nur noch Schrotkugeln herumspukten. Bye Bye Land verströmt träges Sixties-Flair, Wasteland hat wieder einen unbarmherzigen, beinahe maschinellen Beat von Schlagzeuger D. Alex Meeks, einen aggressiven Bass und verspielten Gesang inklusive eines wunderbaren Doo-Doo-Doo-Refrains.
Passend zu einem Album, das die Vertonung des Lebens auf Tour sein möchte, wurde alles auf Gravez live aufgenommen. Bei einigen Stücke passierte das im Studio eines Freundes, bei anderen nutzten Hooded Fang einfach ihre eigenen Demos. Ergebnis ist ein sehr charmanter Lo-Fi-Sound, der gut zur Ära passt, auf die diese Lieder immer wieder verweisen.
Never Minding zeigt vielleicht am besten, wie diese Platte funktioniert: Die Gitarre von Lane Halley ist der Ursprung von allem (was vor allem auffällt, weil das Lied gut eine Minute lang ohne Schlagzeug auskommt), dann schwingen sich Hooded Fang nach und nach auf, im Hintergrund schimmert stets ein verführerisches „oohoohoo“ und bei aller Energie verkörpert jedes einzelne Element doch auch eine sagenhafte Slacker-Entspanntheit.
Es gibt ein paar Momente auf Gravez, in denen die Konzentration fehlt, das letzte bisschen Inspiration. Das machen Hooded Fang aber mit Enthusiasmus und Spontaneität wett. Und mit einer riesigen Portion Leidenschaft. Wer einen Beweis dafür sucht, sollte mal auf ihrer Website die Kategorie „News“ anklicken. Dort findet man keine Interviews, Award-Shows oder spektakuläre Videodrehs. Sondern Bilder von Menschen, die warten, Fast Food essen, improvisierte Übernachtungsmöglichkeiten nutzen und immerimmerwieder Konzerte spielen. Diese Menschen sind die Bandmitglieder von Hooded Fang. Einen besseren Beleg kann es kaum geben: Diese Menschen lieben das, was sie tun.
Das Video zu Bye Bye Land demonstriert wohl, wie Hooded Fang denjenigen ermitteln, der die Verstärker tragen muss:
httpv://www.youtube.com/watch?v=dSdPK8IZD2s