Hingehört: Jason Mraz – „Love Is A Four Letter Word“

Kleiner Tipp: Das Thema dieser Platte lautet nicht "bunte Holzbausteine".
Kleiner Tipp: Das Thema dieser Platte lautet nicht "bunte Holzbausteine".
Künstler Jason Mraz
Album Love Is A Four Letter Word
Label Elektra
Erscheinungsjahr 2012
Bewertung *1/2

Mood management theory posits that the consumption of messages, particularly entertaining messages, is capable of altering prevailing mood states, and that the selection of specific messages for consumption often serves the regulation of mood states.

Diese Definition hat Dolf Zillmann 1988 in seinem Aufsatz Mood management through communication choices getroffen, in dem er das Zusammenspiel von Emotionen und Mediennutzung dargestellt hat. Vereinfacht bedeutet das: Wer gestresst ist, sucht sich eher entspannende Angebote. Wer sich langweilt, sucht den medialen Nervenkitzel.

Vielleicht erklärt diese Theorie den riesigen Erfolg von Jason Mraz. Sechsfach Platin gab es in den USA für seinen größten Hit I`m Yours, dazu kommen reichlich Platin-Alben und zwei Grammys. Mit seinem gerade erschienenen vierten Studioalbum Love Is A Four Letter Word knüpft der Mann aus Virginia nahtlos an diese Erfolge an.

Kein Wunder: Zum Mood-Management eignet sich seine Musik geradezu perfekt, vor allem in Zeiten von Globalisierung, Sozialabbau und Burn Out. Wenn man möglichst weit weg von allen Sorgen der Welt sein will, dann kann man förmlich eintauchen in dieses Album. Schon der Freedom Song am Beginn berstet beinahe vor lauter Optimismus. „Beautiful“, „joy“, „freedom“, „smile“ und die Zeile „I feel good“ sind wichtige Vokabeln für den Text, und die Musik dazu bewegt sich irgendwo zwischen Jack Johnson und den Teletubbies beim Chillen auf einer Blümchenwiese.

So geht es auch in Living For The Moment weiter. „Peace in my heart, peace in my soul“, preist Jason Mraz darin an, zu einem heiteren Song, der auch gut ins Oeuvre von Marlon Roudette passen würde und der so zuversichtlich sein will, dass man beinahe geschockt ist, dass bis zum Ende des Lieds kein Kinderchor erklingt. Bis zum letzten Satz auf diesem Album geht nichts von dieser Mentalität verloren. „The world as I see it is a remarkable place“, singt Jason Mraz da.

Die von Joe Chiccarelli (The White Stripes, Beck) produzierte Platte ist melodisch hübsch, atmosphärisch angenehm, handwerklich makellos. Und der Sound passt unbedingt zum Thema und der Botschaft, die Jason Mraz am Herzen liegt: Love Is A Four Letter Word ist inspiriert vom Erfolg seiner Welttournee. „Diese Momente haben mich enorm beeinflusst: In der Lage zu sein, Menschen auf der ganzen Welt mit einer einfachen Botschaft zu inspirieren und zu begeistern. Ich kam also von der Tour zurück nach Hause und fragte mich, wie ich die Liebe, die ich während meiner Zeit on the road erfahren habe, wieder an die Menschen zurückgeben könnte. Das war die Geburtsstunde der Idee zu diesem Album.“

So singt er jetzt, mit einer Stimme, die kein Wässerchen trüben könnte, The Woman I Love – es klingt wie eine Liebeserklärung an eine Hausfrau, nicht an eine Ballkönigin. Die erste Single I Won`t Give Up wird zum Treueschwur aus der „Ich bin unwürdig“-Perspektive. Everything Is So Sound klingt so unbeschwert, als sei Jason Mraz gerade von allen Sorgen und Sünden erlöst worden.

Frank D. Fixer, das seinem Großvater gewidmet ist, vertont die Sehnsucht nach der guten alten Zeit, wie das auch PUR bei einem Gastspiel auf dem CDU-Landesparteitag nicht konservativer hinbekommen könnten. In Your Hands ist wie gemacht für die Schmuseszenen in High-School-Komödien. Be Honest versucht sich behutsam an Latin-Flair. Musikalisch am spannendsten ist das angejazzte, fast sechs Minuten lange 5/6, das im Text allerdings eine schwer erträgliche Position zwischen besserwisserisch und wohlmeinend einnimmt.

Es ist nichts dagegen zu sagen, wenn man ein bisschen Zuversicht und gute Laune unter die Leute bringen will. Das Problem an Love Is A Four Letter Word ist aber seine Banalität. Dabei hatte Jason Mraz die unbedingt vermeiden wollen: „Das Ganze sollte schon eine gewisse Tiefe haben, aber keine Untiefe. Ein wenig Sonnenschein ist okay, aber kein Sonnenbrand!“ Doch das ist gründlich misslungen. In der Welt dieser Lieder gibt es keinen Konflikt, keine Disharmonie, nichts, was man nicht mit einem Gebet wieder hinbekommen würde. So wird diese Platte zum heißen Kandidaten im Wettstreit mit Owl City, Jamie Cullum und den Carpenters um einen wenig erstrebenswerten Titel: als die seichteste Musik der Welt.

Halleluja: Die Botschaft von „Alles wird gut“ verbreitet auch das Video zu Everything Is Sound:

httpv://www.youtube.com/watch?v=wYBCiN401ds

Jason Mraz bei MySpace.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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