Künstler | Jennie Abrahamson |
Album | While The Sun’s Still Up And The Sky Is Bright |
Label | How Sweet The Sound |
Erscheinungsjahr | 2009 |
Bewertung | *** |
Eine Lüge ist ein denkbar schlechter Start für eine Beziehung. Und doch behauptet Jennie Abrahamson zum Beginn ihres zweiten Albums einfach: I Lost My Heart. Doch bei so viel Eleganz, Wohlklang und Authentizität kann das nicht die Wahrheit sein.
Denn die Schwedin, die vor ihrer nun in Schwung kommenden Solokarriere als Musiklehrerin gearbeitet und in verschiedenen Bands (Yukon AK, Heed) gespielt hat, ist hier nicht nur mit ganzem Herzen bei der Sache. Sie verfügt auch über ein Werkzeug, das jeden Satz von ihr quasi automatisch wie die reine, unbestechliche, ewige Wahrheit erscheinen lässt: ihre Stimme. Jennie Abrahamson singt so wunderbar klar und hell, so entrückt und doch in der eigenen Erfahrung verwurzelt, dass man jedes Wort glauben muss, was aus diesem Mund kommt.
Die Stimme (irgendwo zwischen Vienna Teng, Kate Bush und Robyn) passt perfekt zur Stimmung ihres zweiten Albums. While The Sun’s Up And The Sky Is Bright ist moderner, erwachsener Folkpop, ein Sommergemälde, so heiter und unbeschwert, dass im Presse-Info tatsächlich das Wort „Apfelkuchen“ vorkommt. Wer nun an klare schwedische Seen, grüne Wiesen und Mückensticke denkt, liegt aber falsch. Denn seinen Ursprung hat die Platte, die in Schweden bereits 2009 erschienen ist und jetzt auch in Deutschland auf den Markt kommt, in New York.
Ausgerechnet in die Stadt, die niemals schläft, floh Jennie Abrahamson, um nach anstrengenden und erfolglosen Karrierebemühungen in Schweden (wie dem Solodebüt Lights aus dem Jahr 2007) zur Ruhe zu kommen. Dort ging sie spazieren, sammelte Kraft und spielte Gitarre. Und als sie im Winter zurück zuhause war (den bittersüßen Abschied aus den USA vertont sie im wundervollen Leaving NY), nahm sie die neuen Lieder auf, die eher eine Erinnerung an den Sommer sind als ein Erleben desselben.
Der Sound ist sanft, auch wenn dahinter eine verbitterte, entkräftete Anklage steckt wie in besagtem I Lost My Heart, in dem der Angeflehte sich offensichtlich gerne auf eine Affäre, aber um keinen Preis auf eine ernsthafte Beziehung einlassen will. Im Hintergrund ist ein Galopprhythmus zu hören, der die eigene Ungeduld perfekt zum Ausdruck bringt, und gegen Ende schwellen die Keyboards so bedrohlich an, dass man Angst bekommt.
Late Night Show, der Song, der in Schweden zum Liebling der Radiohörer und damit so etwas wie der Startschuss für die Karriere von Jennie Abrahamson geworden ist, setzt auf einen kompakten Beat und einen Refrain, der so unverschämt kokettiert, wie es wohl auch der Schürzenjäger getan hat, der in dieser Abrechnung besungen wird. Zudem sind Streicher zu hören, die (wie auch das verspielte Look Down Our Road) von einer offensichtlichen Vorliebe für J-Pop zeugen.
Das reduzierte Sister Theresa erinnert an die untröstlichen Momente der Cardigans, das sehnsuchtsvolle W 4th Street/&th Avenue ist von Streichern verziert, und doch bloß eine Skizze. In Åträsk wird die etwas düstere Grundstimmung durch fröhliches Pfeifen hinweggefegt wie bei den Landsleuten von Peter, Björn und John (die Jennie Abrahamson übrigens eine Gitarre geschenkt haben, auf der sie viele dieser Songs komponiert hat).
„What you know is true“ und „Love is love for all“ heißen schließlich die zentralen Zeilen in What Is True. Es war ja klar: Jennie Abrahamson ist keine Lügnerin. Und sie hat ein Herz.
Noch ein Argument für meine J-Pop-These: Im Clip zu Late Night Show sieht Jennie Abrahamson ein bisschen aus wie eine Geisha:
httpv://www.youtube.com/watch?v=iXNlisSRs1M
god byrjun