Künstler | Joss Stone |
Album | The Best Of Joss Stone |
Label | Virgin |
Erscheinungsjahr | 2011 |
Bewertung | ***1/2 |
21. So heißt das Album, mit dem Adele in diesem Jahr groß abräumte. Und es heißt so, weil Adele bei Erscheinen der Platte im Januar gerade 21 Jahre alt war. Ein junges Ding. Doch ein Methusalem im Vergleich zu Joss Stone. Die ist zwar gerade einmal drei Jahre älter als Adele, aber sie legt nun schon ihr erstes Greatest-Hits-Album vor. Super Duper Hits – The Best Of Joss Stone blickt auf die tatsächlich schon neun Jahre währende Karriere von Joss Stone zurück.
Der Titel wurde inzwischen zwar in das etwas schlichtere The Best Of Joss Stone geändert (angeblich nach Intervention der Künstlerin, die auch sonst nicht allzu glücklich über diese Kompilation sein soll). Eine sehr gelungene Werkschau bleibt die CD trotzdem. Besonders erfreulich: Die Singles von Joss Stone (und einen Albumtrack) gibt es hier in chronologischer Folge. Und so wird erst recht deutlich, wie frühreif dieses Talent immer schon war.
Als 13-Jährige singt das Mädchen, das damals noch alle Jocelyn Eve Stoker nennen, in der BBC-Show Stars For A Night den Aretha-Franklin-Schmachtfetzen (You Make Me Feel) Like A Natural Woman so sagenhaft eindringlich, dass es kaum zu fassen ist. Mit 16 veröffentlicht Joss Stone ihr Debütalbum The Soul Sessions (2003), das in 13 Ländern die Top10 erreicht und sich mehr als zwei Millionen Mal verkauft. Auf dem zweitem Album Mind, Body & Soul (2004) tritt Joss Stone erstmals auch als Komponistin in Aktion und erreicht als jüngste Künstlerin aller Zeiten die Spitze der UK-Charts. Als 2007 das dritte Album Introducing Joss Stone erscheint und der Britin auch den endgültigen Durchbruch auf der anderen Seite des Atlantiks beschert, ist sie gerade erst den Teenager-Jahren entwachsen. Und beim jüngsten Werk Colour Me Free! (2009) ist sie zwar schon ein Jahr älter als Adele bei 21 – aber immer noch in einem Alter, in dem andere Sängerinnen ihre Laufbahn erst beginnen.
Der Senkrechtstart ist alles andere als ein Zufall. Zum einen hat Joss Stone eine Stimme zu bieten, wie man sie nicht oft findet. Zwischen Kontralto und Mezzosopran beherrscht sie die gesamte Bandbreite von sexy über übermutig bis weise. Und sie hat Instrumentalisten und Produzenten an ihrer Seite, die ihrer Musik eine ungeheure Souveränität und Virtuosität verleihen.
Alles klingt hier nach Klassiker, und die Debütsingle macht da keine Ausnahme. Fell In Love With A Boy, ein umgedeuteter White-Stripes-Song klingt noch mehr Vintage als Lenny Kravitz auf dem Plumpsklo von Jack White. Super Duper Love ist nicht nur ein Soul-Klassiker (das Original war 1974 ein Hit für Sugar Billy), sondern klingt auch so: federnd, heiter, ansteckend, unbeschwert.
Wenn die Sugababes nicht so oft synthetisch wären, könnten sie Songs machen wie You Had Me, wenn Mariah Carey niemals HipHop, sondern immer bloß weiter die Jackson 5 gehört hätte, käme so etwas dabei heraus wie Don’t Cha Wanna Ride. Genug Klasse, um als Rolling-Stones-Ballade durchgehen zu können, hat Right To Be Wrong. Mindestens so viel Eleganz wie einst En Vogue hat Baby Baby Baby. Direkt aus der Stax-Werkstatt (samt Bläsern und Shaft-Rhythmus) scheint Tell Me ’Bout It zu stammen.
Die eigentliche Stärke von Joss Stone ist aber eine andere. Am deutlichsten wird das in Spoiled: Im höchsten Maße verführerisch interpretiert sie dieses Lied, und sie wirft selbstbewusst all ihre Fähigkeiten als Sängerin in die Waagschale. Aber diese Stimm-Akrobatik trifft auf ein Musik-Bett, das beinahe reduziert erscheint – vor allem im Gegensatz zu ihren Mitstreiterinnen à la Christina Aguilera, die in solchen Momenten gerne völlig over the top werden und mit zu viel Opulenz auch den besten Song ruinieren.
Joss Stone klingt gelegentlich auch ein bisschen beliebig (Bruised But Not Broken ist Fließband-Gesäusel im Stile der frühen Destiny’s Child, auch Stalemate als Duett mit Josh Hartnett verbleibt in arg seichten Adult-Pop-Gewässern). Aber ihr passiert niemals der Fehler, zu wenig Soul und zu viel Diva zu liefern. Alles auf The Best Of Joss Stone klingt lässig, selbstverständlich, wie aus dem Ärmel geschüttelt. Fast muss man vermuten, all die Größen, mit denen die 24-Jährige schon auf der Bühne gestanden hat (James Brown, Smokey Robinson, Melissa Etheridge, Robbie Williams, Tom Jones, Rod Stewart, Erykah Badu, Solomon Burke; dazu kommt neuerdings ihr Engagement in Mick Jaggers neuem Projekt Superheavy), hätten ihr ganz genau erklärt, was eine echte Souldiva ausmacht: Wer ganz viel Klasse hat, der muss sich nirgends aufdrängen.
Noch ein Klassiker: Joss Stone singt Son Of A Preacher Man – und nicht mal solch ein kurzes Kleid kann von dieser Stimme ablenken:
httpv://www.youtube.com/watch?v=TBH8o8XXnVM
Ich finde die Best-of auch viel besser als die SuperHeavy CD, die sie dieses Jahr auch noch gemacht hat. Die Best of ist ein super Werkschau und SuperHeavy einfach nur ein Werk. Ganz passend hat das jemand wie folgt zusammengefasst: „Ein All-Star-Team allein gewinnt keine Spiele. Auch nicht im Musikgeschäft.“ (Zitat von da).