Künstler | Ladyhawke | |
Album | Anxiety | |
Label | Modular | |
Erscheinungsjahr | 2012 | |
Bewertung |
Anxiety? Das ist kein allzu ungewöhnlicher Name für ein Album. Es gibt eine Platte diesen Titels von Damon Waitkus, eine von Pain Station, eine von Faye Wong. Es gibt eine Band namens Adult, die eine CD namens Anxiety Always gemacht hat. Therapy? haben 2003 High Anxiety herausgebracht. Dazu kommen beispielsweise Anxiety On Parade (The Sort Ofs), The Anxiety Theory (Donnie Darko) oder More Anxiety (Smile Empty Soul).
Für das zweite Album von Ladyhawke ist Anxiety aber durchaus ein überraschender Titel. Was soll diese Dame für Probleme, oder gar Grund für Stress haben? Ihr Debüt wurde im Jahr 2008 gefeiert, allein in England wurden von Ladyhawke 250.000 Exemplare verkauft, die Singles sind auch heute noch gerne genommen in geschmackvollen Indie-Discos.
Trotzdem hatte Phillipa Brown, so der bürgerliche Name von Ladyhawke, nicht gerade eine berauschende Zeit. Die anstrengende Tour zum Debütalbum endete erst im Februar 2010. Danach machte sich der Erfolgsdruck bemerkbar. „Die Arbeit an diesem Album war ziemlich stressig, doch ich habe sie über einen ziemlich langen Zeitraum verteilt, um nicht völlig durchzudrehen. Nur so konnte ich genau das Album aufnehmen, was mir vorschwebte“, erzählt die Neuseeländerin.
Die Texte auf Anxiety handeln von Eifersucht, Verlassenwerden oder Verlustängsten, auch das ist sicherlich ein Indiz für Unwohlsein. Und nicht zuletzt könnte der Stress auch daher rühren, dass sich Ladyhawke ein stückweit missverstanden gefühlt hat. Nach Hits wie My Delirium oder Back Of The Van wurde sie in die Schublade der „chicks with synths“ gesteckt, in der auch La Roux, Little Boots oder Ellie Goulding landeten. Dabei hatte Ladyhawke mit Synthie-Sounds lange Zeit wenig am Hut.
„Ich komme aus der Rockecke“, sagt die Frau, deren Künstlername einer Rolle Michelle Pfeiffers aus dem gleichnamigen Film (1985) entnommen ist. „Als Teenagerin habe ich irgendwann all diese Gitarrenbands für mich entdeckt, schon auch heftigeres Zeug wie Siamese Dream von den Smashing Pumpkins. Da war ich vielleicht 15, und mich hat dieses Album damals einfach umgehauen. Zu der Zeit bekam ich auch The Bends von Radiohead in die Hände, und vom Schwarzen Album von Metallica konnte ich auch nicht genug kriegen. Und dann waren da ja noch Soundgarden, Stone Temple Pilots, Nirvana…“ Das erste Instrument, das sie spielte, war ein Schlagzeug, und danach kam die Gitarre. Ladyhawke sieht sich als Rockerbraut, nicht als Disco-Queen. Sie will Joan Jett sein, nicht Lady Gaga.
Anxiety macht das sehr eindrucksvoll klar. Das Album wurde wie der Vorgänger produziert von Pascal Gabriel, doch bis auf dessen Keyboards spielt Ladyhawke diesmal alle Instrumente selbst. Fast alle Songs sind zudem auf der Gitarre komponiert. Dass sie ELO und Fleetwood Mac zu ihren Vorbildern zählt, kann man zwar noch immer hören, aber es gibt diesmal viel weniger Siebziger- und Achtziger-Flair, stattdessen aber reichlich Gitarrensoli. Dabei bleibt Anxiety gut tanzbar – die Beats sind bei vielen der Songs herausragend.
Girl Like Me gleich am Beginn des Albums ist so ein Fall, sehr clever wird da mit dem verschleppten Rhythmus hantiert. Das ebenso energische wie glamouröse Sunday Drive setzt auf eine Fuzz-Gitarre. Im hymnischen Black White & Blue glänzt Ladyhawke mit verführerischem Gesang à la Nina Persson.
Manches ist noch geprägt vom Elektro-Erbe wie Vaccine oder der Titelsong. Alles klingt höchst modern und aus einem Guss. Aber Stücke wie Vanity, das nahe an Sheryl Crow ist, The Quick & The Dead, das an eine noch weiter heruntergekühlte Version von Elastica denken lässt, oder dem Rausschmeißer Gone Gone Gone sind lupenreiner Rock.
Auch Blue Eyes fällt eindeutig in diese Kategorie. Mit seiner funky Strophe und dem Nanana-Refrain ist es das Highlight dieses Albums. „Erst hatte ich die Melodie und dann sang ich sie schon mal ins Mikrofon und wollte mir eigentlich noch die passenden Worte dazu ausdenken, nur dann war das alles dermaßen catchy, dass die Stelle einfach so bleiben musste“, erklärt Ladyhawke die Entstehung des Songs. Auch Cellophane ist ein Höhepunkt, der wie Daddy’s Gone von Glasvegas beginnt und danach ähnlich erhebend und toll theatralisch bleibt.
Ansonsten sind Hits auf Anxiety leider rar gesät. Aber als Stressbewältigung hat dieses Album, an dem Ladyhawke 18 Monate lang gearbeitet hat, definitiv glänzend funktioniert: „Seit ich diese Platte aufgenommen habe, fühle ich mich wie ein neuer Mensch. Als ob irgendwer mir diese Last von den Schultern genommen hätte.“