Künstler | Lana Del Rey | |
Single | Video Games | |
Label | Universal | |
Erscheinungsjahr | 2011 | |
Bewertung |
„Das wird im nächsten Jahr ein ganz großes Ding“, sagt die Dame von der Plattenfirma, als sie mir Lana Del Rey ans Herz legt. Diese Prognose ist nicht allzu gewagt. Im Frühling soll das Debütalbum von Lana Del Rey erscheinen, und die Zeichen stehen auf Popsensation.
Die Sängerin, die als Lizzy Grant geboren wurde und als 18-Jährige aus Lake Placid nach New York zog, hält bereits seit Monaten das Netz in Atem. 11,5 Millionen Google-Treffer ergibt die Suche nach „Lana Del Rey“ (zum Vergleich: das ist etwa fünfmal so viel wie bei „George Michael“). Ihre selbstgemachten Videos zu Video Games (2,5 Millionen Aufrufe) und Blue Jeans (fast eine Million) sind Hits bei YouTube. Und als die Songs bei iTunes verfügbar waren, schossen sie dort beide sofort in die Top5. Mit provokanten und cleveren Zitaten hält Lana Del Rey den Hype am Leben: „Der American Dream und der American Psycho fangen an, die gleiche Sache zu repräsentieren. Das Kino und die Musik und das Leben beginnen ineinander zu fließen. Tod ist Kunst“, sagt sie etwa. Oder: „Ich möchte mit meiner Musik Leben zerstören und den Zauber von Gefahr verstehen.“
Man sollte deshalb aber keineswegs den Fehler machen, Lana Del Rey bloß als Marketingmaschine im Stile von Lady Gaga oder als flüchtige Web2.0-Fußnote zu betrachten. Denn Lana Del Rey zeigt schon mit diesen beiden Liedern, die nun auch physisch als Doppel-A-Seite in Deutschland veröffentlicht werden, dass sie einst weit mehr sein könnte. Popmusik mit so viel Ambition, Intensität und Eleganz hat schon lange keine Frau mehr gemacht.
Nehmen wir Video Games, den Song, der noch auf lange Zeit als Visitenkarte von Lana Del Rey gelten wird. Ein ganzes Orchester samt Harfe sorgt da für die nötige Größe. Trotzdem hat das Lied etwas extrem Reduziertes. Nur vier Klavierakkorde reichen für die Strophe aus, dazu singt Lana Del Rey fast ein bisschen derangiert und abwesend – ein famoser Kontrast zur betörenden Opulenz des Arrangements. So modern und zugleich klassisch klang zuletzt Never Ever von den All Saints, und das ist fast 15 Jahre her. Auch beim Breitwand-Pop von Hurts scheint Lana Del Rey ganz genau hingehört zu haben.
„Hollywood Pop“ nennt Lana Del Rey diesen Sound, oder auch, noch treffender: „Sadcore“. Natürlich muss da der Name Amy Winehouse fallen, in deren Fußstapfen die Amerikanerin mit ihrem Auftreten als melancholische Diva (sie selbst sieht sich als Gangsta-Variante von Nancy Sinatra) und dem Anspruch, niemals weniger als ein Gesamtkunstwerk abzuliefern, durchaus treten könnte.
Auch an Susanna Hoffs muss man denken, vor allem in Blue Jeans. Da steht die Stimme von Lana Del Rey noch mehr im Zentrum, drumherum entspinnt sich so etwas wie ein Spaghetti-Western, mit viel Spannung und der schon in Video Games offensichtlichen Erkenntnis: Pausen und Raum sind hier genauso wichtig wie die richtigen Töne an der richtigen Stelle.
Der Clip zu Video Games zeigt: Auch die Frisur von Lana Del Rey hat Amy-Winehouse-Potenzial:
httpv://www.youtube.com/watch?v=HO1OV5B_JDw
Lana Del Rey ist für mich die Newcomerin 2011. Ihre Musik macht süchtig – Video Games läuft bei mir rauf und runter.
Das erste Mal aufgefallen ist sie mir, als sie das Lied Chet Baker von Mando Diao auf deren MTV Umplugged Konzert, performt hat. Hier das Video:
http://www.youtube.com/watch?v=UVFxf6P_hc0
Zu finden ist es auf dem aktuellen Album von mando Diao: Above And Beyond