Künstler | Leilanautik |
Album | Unser schöner Realismus |
Label | Rhinozorro |
Erscheinungsjahr | 2010 |
Bewertung | **1/2 |
Die Rückkehr der Neuen Deutschen Welle wurde schon 2003 prophezeit, als Wir Sind Helden & Co. für Furore sorgten. Natürlich war das ein Missverständnis. Denn viele, die im Gefolge der Helden kamen, hatten nichts mit New Wave am Hut, aber viel mit Pop, sogar Schlager.
Vielleicht liegt es am Klimawandel, dass es so lange gedauert hat. Aber jetzt ist die Neue Neue Deutsche Welle wirklich da. Mit Leilanautik. Deren zweites Album Unser schöner Realismus erinnert nicht nur im Titel an die frühen 1980er in diesen Landen. Es gibt auch eine klare Sozialisation im Punk, großen Spaß am Schrägen und das Wissen um die Macht des Tanzbaren, der mit Anleihen bei Funk, Ska und HipHop an Gang Of Four, die Arctic Monkeys oder The Police denken lässt.
Das Presse-Info zu Unser schöner Realismus, dem Nachfolger des bereits 2006 erschienenen Debüts Bunte Jahre, nennt zudem Rio Reiser als Bezugspunkt, auch wenn das ein wenig in die Irre führt. Das Erbe für dessen hemmungslose Poesie haben dann doch eher Wir Sind Helden angetreten. Die vier Hamburger von Leilanautik übernehmen aber den Agit-Part, für den einst Ton Steine Scherben standen – und den Wir Sind Helden auf dem aktuellen Album Bring Mich Nach Hause weggelassen haben.
„Wach auf / Pass auf“ heißen schon die ersten Zeilen im Opener Durchs Drehkreuz. Wenig später: „Wir fordern auf / steht jetzt auf / es muss etwas geschehen / wir haben eine Meinung / und wir haben den Mut / es verändert sich nichts / wenn wir stehen bleiben.“ Das Clevere daran: Die vergleichsweise eindeutigen und strengen Texte werden abgefedert durch eine durchaus launige und eingängige Verpackung mit zackigem Rhythmus und der Stimme von Sänger Martin, der als vokaler Doppelgänger von Frank Spilker (Die Sterne) durchgehen könnte.
Auch Der Optimist oder Die Welt alleine retten könnten all jene glücklich machen, die nach ideologischen Grundsatzdebatten lieber zum Tanzen in die Indie-Disco gehen, als endlich wirklich mit der Revolution zu beginnen. Es gibt viele Imperative und ein bisschen Romantik (Lieblingsgeschichten). Vieles gelingt, anderes bleibt textlich krude oder musikalisch nicht zündend wie der Titelsong oder das vergleichsweise wilde Holz. Insgesamt aber: sehr anständig. In jeder Hinsicht.
Auf dem letzten Album schickten Leilanautik noch ein Nashorn auf die 1000 km lange Reise durch Hamburg:
httpv://www.youtube.com/watch?v=lAc9DuxOY7k