Künstler | Lightning Dust | |
Album | Fantasy | |
Label | Jagjaguwar | |
Erscheinungsjahr | 2013 | |
Bewertung |
Neues Leben kreieren aus völlig unbelebten Bestandteilen? In der Biologie versuchen sich momentan Heerscharen kluger Köpfe (noch) vergeblich an dieser Aufgabe. In der Musik ist sie längst gemeistert, und dem Reiz der synthetischen Möglichkeiten sind nun auch Lightning Dust voll und ganz erlegen.
Amber Webber und Josh Wells, beide auch Bandkollegen in ihrer eigentlichen Hauptbeschäftigung bei Black Mountain, liefern auf ihrem dritten Album Fantasy wunderbar stilvollen, gekonnten und eleganten New-Wave Pop. Das wichtigste Instrument ist dabei eine Maschine namens MPC 2000, mit der Josh Wells im Studio in Vancouver die Fundamente für diese zehn Tracks gelegt hat: altertümliche Synthesizer, programmierte Beats und verfremdete Basslinien.
Der Opener Diamond ist sofort ein perfektes Beispiel dafür, mit ein bisschen Beat, Keyboard und der tollen Stimme von Amber Webber. Das Ergebnis lässt an Ladyhawke denken oder an Fleetwood Mac, und Diamond ist beileibe nicht das einzige Lied auf diesem Album, in dem man Klänge vernimmt, die man das letzte Mal so auf dem Soundtrack von Top Gun gehört hat. Die eigentliche Blaupause für Fantasy war allerdings der Track am anderen Ende der Platte: Never Again erschien schon 2011 als Single und macht hier den Schlusspunkt, ebenso grandios wie reduziert (also wahrscheinlich einfach: grandios reduziert).
Lightning Dust können hier unterschwellig aggressiv klingen wie in Loaded Gun (das ein wenig wie Robyn klingt, wenn ihr gesamtes Equipment mindestens 30 Jahre alt wäre) und untröstliche Balladen hinbekommen wie Fire, Flesh And Bone. Es gibt mit Agatha ein Beinahe-Kunstlied, nur mit Wurlitzer und Streichern, das auch gut zu Kate Bush passen würde. Ein weiterer Höhepunkt ist Fire Me Up, das eine Ahnung davon vermittelt, wie OMD mit Ellie Goulding als Sängerin geklungen hätten, und das am Ende eine der wenigen Passagen dieser Platte beinhaltet, die richtig Punch haben.
Reckless And Wild ist sehr schön und sehr gefühlvoll, In The City Tonight ist minimalistisch und zugleich komplex. Und Moon, das sich lange Zeit auf eine akustische Gitarre und den Gesang beschränkt, zeigt durch seine dann doch nicht vollständig synthetische Instrumentierung am deutlichsten, wie besonders diese Songs und diese Stimme sind. Lightning Dust machen es unbestreitbar: Dieses synthetische Wesen namens Fantasy lebt nicht nur, es fühlt auch.
In Ermangelung von Videos zum neuen Album gibt es noch einmal das ebenfalls formidable Never Seen:
httpv://www.youtube.com/watch?v=wFV0zKQ65rA