Künstler | Maribel |
Album | Reveries |
Label | Splendour |
Erscheinungsjahr | 2012 |
Bewertung | ** |
Es gibt solche Platten, die hört man, und merkt es gar nicht. Reveries, das zweite Album von Maribel aus Oslo, ist so eine Platte. Sie beginnt irgendwo in der Ferne und verflüchtigt sich dann immer mehr.
Man kann das durchaus reizvoll finden. Das Quartett, das sich nach dem Debüt Aestheircs komplett neu formiert hat, arbeitet im Prinzip mit einer klassischen Rock-Besetzung, kommt aber nie auch nur in die Nähe der Konventionen des Genres.
Falling Down The Stairs, das erste Stück auf Reveries, hat eine Gitarre wie Edwyn Collins, eine Sehnsucht wie Buddy Holly und Gesang, der bloß hingehaucht ist. Diese Kombination ergibt einen Sound, der filmisch klingt (Bandleader Pål Espen Kapelrud nennt unter anderem die Filmmusik von John Barry, Henry Mancini und Ennio Morricone als wichtige Einfluss für Reveries), aber trotzdem unscheinbar.
Dann folgt Jezebel Jive – und es wird klar, dass Maribel keine Lieder machen, in denen sich eine klare Struktur erkennen lässt. “I wanted the recording sessions on this album to be more experimental and open. I always have some notions of how I want the songs to sound, but I this time I also wanted the songs to evolve and grow while recording”, sagt Pål Espen Kapelrud, und als Resultat hat Jezebel Jive, wie viele andere Lieder des Albums, keine Strophe und keinen Refrain, sondern ist bloß ein andauerndes, seltsames Statement.
Meow! lässt mit seinem komplexen Beat (das Schlagzeug kommt von Bjarne Stensli, der Reveries auch produziert hat) an Portishead denken, das ätherische You Bring The Sadness erinnert an Twin Peaks. Auch Perfumed setzt sofort das Kopfkino in Gang: Das Lied klingt nach High Noon und Wüste, aber die Stimmen, die man hier hört, sind nicht die der todesmutigen Kontrahenten, sondern die der verängstigten Zuschauer.
Am Ende entwickeln Slumber Street und Devil’s Sigh eine faszinierende Schönheit und profitieren dabei von der geheimnisvollen Stimme der aus Deutschland stammenden Maribel-Sängerin Rebekka Markstein. Auch Pretty Nights klingt vergleichsweise lebendig. Mit einer anderen Musik im Hintergrund könnte dieser Gesang von den frühen Cardigans kommen, aber hier erklingen dazu Gitarren wie aus einem Verlies und komatöse Percussions. “Rebekka has kind of a jazzy touch to her voice and it fit perfectly to the mood I wanted to create. Aesthetically speaking it doesn’t hurt that she looks like a French movie star from the 60s. She completed the album in many ways”, erklärt Kapelrud die wichtige Rolle der neuen Sängerin.
Insgesamt sind Maribel, die schon als Vorgruppe für Interpol gespielt haben, mit ihrem Mix aus Fifties-Ästhetik, Shoegaze und Jazz aber schlicht zu schüchtern und unnahbar, um wirklich zu gefallen. Reveries klingt wie die Raveonettes unter Narkose.
Hatte ich Twin Peaks gesagt? Im Video zu Jezebel Jive setzen Maribel eher auf Shining:
httpv://www.youtube.com/watch?v=zkL4_vAXYIE